„Hölle“: Papst geißelt Libyens Flüchtlingslager

Der Papst hat bei der Frühmesse im Gästehaus Santa Marta die verheerenden Zustände in Libyens Internierungslagern kritisiert, die er „Inferno“ (Hölle) nannte. Christinnen und Christen mahnte er angesichts der Zustände eindringlich zur Gewissenserforschung.

Franziskus verwendete dafür in seiner Ansprache das deutsche Wort „Lager“. Er zelebrierte den Gottesdienst am siebenten Jahrestag seiner Reise auf die süditalienische Insel Lampedusa. „Niemand kann sich die Hölle vorstellen, die man in Libyen erlebt. Ich denke an den Missbrauch, an die Gewalt, denen die Migranten ausgeliefert sind“, sagte der Papst, der die Gleichgültigkeit der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Gewalt in Libyen kritisierte.

Er erinnerte in seiner Messe an Übergriffe und Gewalt gegen Geflüchtete und Migranten, die Überfahrten über das Mittelmeer, Rettungen und Zurückweisungen. „Diese Leute kamen nur mit der Hoffnung, das Meer zu überqueren“, sagte der Papst. Von den Vorgängen in Libyen erreiche nur eine „destillierte Version“ die Öffentlichkeit.

Gefühllos gegenüber dem Schrei der anderen

Franziskus mahnte eine „Gewissenserforschung“ im Umgang mit Flüchtlingen und Migranten an. Alles, was Christen „im Guten und im Schlechten“ anderen antäten, täten sie Christus an, sagte er. „Die Wohlstandskultur, die uns an uns selbst denken lässt, macht uns gefühllos gegenüber dem Schrei der anderen und lässt uns in Seifenblasen leben“, sagte der Papst.

Die Begegnung mit dem anderen sei auch Begegnung mit Christus. „Er ist es, der an unsere Tür klopft, hungrig, durstig, fremd, nackt, krank, im Gefängnis, mit der Bitte um Besuch und Hilfe.“

Gott finden „in den Migranten“

„Wer auf der Suche nach Gott ist, kann ihn in den Migranten und in den Armen finden“, sagte der Papst. Die Begegnung mit dem Nächsten sei eine Begegnung mit Christus. Am 8. Juli 2013 hatte Franziskus auf Lampedusa der ertrunkenen Flüchtlinge gedacht und im Hafen eine Messe für sie gefeiert. Es war die erste inneritalienische Visite des damals erst seit wenigen Monaten amtierenden Papstes.

Mit einem Blumenkranz, den er ins Wasser warf, einer Begegnung mit Migranten sowie einer Messe gedachte Franziskus der zu Tode gekommenen Flüchtlinge, machte auf das Schicksal der Betroffenen aufmerksam und kritisierte „weltweite Gleichgültigkeit“. Das Thema ist seither eines der großen Anliegen seines Pontifikats.

religion.ORF.at/APA/KAP