farbenfrohes Detail aus einem Gemälde Max Weilers

Sammlung Essl

„tiefer blicken - weiter suchen“

Der Gottesdienst kam live aus der Evangelischen Kirche in Klosterneuburg. Mit der Gemeinde feierte Pfarrer Julian Sartorius. Mitwirkende überdies einige beeindruckende Jugendliche der Gemeinde sowie Karlheinz Essl und ein Gemälde Max Weilers...

Religiöse Themen standen über Jahrhunderte für viele Künstler im Mittelpunkt ihres Schaffens. Bedeutendste Werke entstanden im Auftrag der Kirchen. Das hat sich gründlich geändert, Kunst und Kirche scheinen sich weit voneinander entfernt zu haben. Doch auf den zweiten Blick gibt es Berührungspunkte. Viele Werke zeitgenössischer Kunst lassen eine Ahnung davon aufkeimen, dass es etwas gibt, das wir auf den ersten Blick nicht wahrnehmen. Bilder, Skulpturen, Installationen eröffnen die Sicht auf eine andere Dimension. Und Künstlerinnen und Künstler stellen in ihren Werken existentielle Fragen.

Jugendliche aus der Pfarrgemeinde hatten sich auf Entdeckungsreise begeben. Im Essl-Museum, einer bedeutenden privaten Sammlung zeitgenössischer österreichischer und europäischer Kunst, hatten sie eine tiefe Auseinandersetzung mit religiösen Fragen entdeckt. Davon berichten sie im Gottesdienst aus ihrer Pfarrkirche, die ebenso wie das Essl-Museum von Heinz Tesar entworfen wurde und deren ungewöhnliches Altarbild eine Leihgabe der Sammlung ist.

So schaue ich aus nach dir

Psalm 63

Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir, mein ganzer Mensch verlangt nach dir. So schaue ich aus nach dir in deinem Heiligtum, denn deine Güte ist besser als Leben. Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich Deine rechte Hand hält mich.

MUSIK

Lobe den Herrn meine Seele!

Du bist heilig

Da wohnt ein Sehnen

Gordon Young: Alleluja

Ich lobe meinen Gott

Bewahre uns Gott

Johann Georg Albrechtsberger:
Fuge in C

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Joysing
Evangelischer Kirchenchor Klosterneuburg

Orgel und Klavier:
Christian Bauer
Christian Stiegler

Musikalische Leitung:
Diözesankantorin Sybille von Both

Die Welt erkannte ihn nicht

Johannes 1

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.

Sich öffnen und leer werden

Predigt

Viele haben ihre Probleme mit moderner Kunst. Es fällt schwer, einen Zugang zu finden. Hier trifft sich der Glaube mit der Kunst. Dasselbe Problem. Es fällt schwer einen Zugang zu finden. Moderne Kunst und Glaube erschließen sich meist nicht auf den ersten Blick. Man muss tiefer blicken und weiter suchen. In der Kirche sehen Sie den Pfarrer, Sie hören den Chor, Sie sehen einander. Aber von dem, worum es uns hier beim Gottesdienst im tieferen Sinn geht, sehen Sie nichts. Dafür braucht es andere Sinne.

Worte sollen Herz und Verstand erreichen. Wir müssen uns öffnen, eine gewisse innere Leere schaffen, dass auch aufgenommen werden kann, damit die Worte uns tatsächlich erreichen und nicht an uns vorüberziehen, was sie nämlich machen, wenn wir randvoll mit den Sorgen des Alltags gefüllt sind. Sich öffnen, leer werden – Begriffe aus der mittelalterlichen Mystik. Sie haben nach wie vor Aktualität. Max Weiler hat für sein Bild ein Zitat aus der Weisheit Salomos, das sich bei Meister Eckhart wieder findet, gewählt.

„Als alle Dinge in tiefem Schweigen lagen und die Nacht in der Mitte des Laufes war, da kam vom Himmel vom königlichen Throne, o Herr, dein allmächtiges Wort.“ Gottes Wort kommt – aber es kommt nicht mitten am Tag, nicht zwischen Frühstücksfernsehen und Tageszeitung. Es kommt, als alle Dinge in tiefem Schweigen lagen.

Wir stehen vor einem Bild und versuchen es zuerst mit allem, was wir
gelernt haben, mit unserem ganzen Wissens- und Erfahrungsschatz zu
erfassen und zu begreifen. Aber erst in dem Moment, wo wir alles beiseite legen, beginnt das Bild zu uns zu sprechen. Begegnung beginnt. Eine Reise in das Bild hinein, jenseits vom Wissen, jenseits der Worte. Ähnlich im Geistlichen: Nehmen wir das Wort aus der altorientalischen Weisheitsliteratur, das Max Weiler seinem Bild zugrunde gelegt hat: „Als alle Dinge in tiefem Schweigen lagen und Mitternacht war, da kam vom Himmel, vom königlichen Throne, o Herr, dein allmächtiges Wort.“

Gottes mächtiges Wort, sein Schöpfungswort, kommt in dem Moment, wo es am stillsten ist. In der Mitte der Nacht. In tiefem Schweigen. Wenn einmal alle unsere Meinungen zurücktreten. Alles, was wir meinen, von Gott schon zu wissen. Wenn wir uns öffnen. Wenn wir bereit sind, zu empfangen. So kann es auch beim Künstler selbst gewesen sein. Schon 1934 hatte er auf die Rückseite eines seiner Bilder diesen Satz geschrieben. Doch es dauerte noch einmal 30 Jahre, bis daraus jener Zyklus entstand, aus dem auch unser Bild stammt. 30 Jahre Meditation und geistige Auseinandersetzung mit einem Bibelwort. Ein Sich-Einlassen auf Neues. In aller Demut. Sich Einlassen auf Begegnung. Neues entsteht. Transzendent. Erahnend. Wir sehen und sehen doch nicht.

Bei Bildern lohnt ein zweiter, dritter, ein weiterer Blick. Auch bei Gott.
Und beim Menschen. Belohnt wird man durch Begegnung und Gemeinschaft. Wenn alle Dinge in tiefem Schweigen liegen. Wenn wir also einmal nicht in hektischer Aktivität uns auflösen, sondern aus der inneren Ruhe Leben gestalten, sind wir bereit zu empfangen. Und alles wird verändert. Durch nichts als das Wort. Das Wort, das Fleisch geworden ist. Jesus Christus.

Aktuell in der Gemeinde

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Redaktion

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