Flammen

ORF

„Lichtblicke“

Die traditionelle Christvesper am Heiligen Abend kam heuer aus dem Toleranzbethaus in Agoritschach/Arnoldstein. Mit der Gemeinde feierte Pfarrerin Renate Sauer das Weihnachtsfest. Auf einer eigenen Tonspur bot der ORF einen zusätzlichen Audioguide für Menschen mit Sehbehinderung.

Selbst in der dunkelsten Nacht sind Lichtblicke möglich. Das ist die Erfahrung von Weihnachten, die Erfahrung der Nacht von Bethlehem.
Von dem Kind in der Krippe geht erstaunliche Strahlkraft aus, für die einfachen Hirten von den nahen Feldern und für die Weisen aus weiter Ferne. Für wen noch?

Des Friedens kein Ende

Lesung: Jesaja 9

Der Prophet Jesaja kündet das Ereignis an: Das Volk das im Finsteren wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finsteren Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende!

Die Klarheit des Herrn leuchtete um sie

Evangelium: Lukas 2

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seiner Vertrauten, die war schwanger.

MUSIK

Es ist ein Ros entsprungen

O du fröhliche

Kimmt heit dos Kind

Nun lass dein Licht aufbrennen!

Hört die Engel singen!

Stille Nacht

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Quartett OisterniX

Sopran: Iva Schell

Saxophon: Thomas Körner

Orgel: Christian Chabek

Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens!“

Die Geburt des Kindes verwandelt die Nacht

Predigt

Sehr nüchtern und sachlich beginnt die Geburtsgeschichte von Jesus: Die Bibel berichtet uns, dass die Geburt Jesu zu der Zeit geschah, als der römische Kaiser mithilfe einer neueingeführten Kopfsteuer seine leere Staatskasse auffüllen will. Alle Bewohner des römischen Imperiums müssen dem Gebot folge leisten und sich in ihrer Geburtsstadt registrieren lassen. So macht sich auch Josef aus Nazareth auf den Weg, zusammen mit Maria, die kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes steht. Etliche Stunden zu Fuß und hochschwanger. Als sie endlich im Geburtsort von Josef ankommen, finden sie kein freies Zimmer mehr, darum quartieren sie sich in einem Stall in Bethlehem ein, wo Maria noch in derselben Nacht ihr erstes Kind zur Welt bringt. Die Wiege für den Kleinen steht zuhause – hier im Stall muss eine Futterkrippe genügen. Sehr bescheiden das Ganze – um nicht zu sagen: armselig.

Auch in diesen Tagen haben manche Frauen ihr Kind fern von zuhause zur Welt gebracht, nach langen Fußmärschen. In Turnhallen oder in Zelten – anders als gewünscht, aber doch heilfroh, dass alles gut gegangen ist. Liebe Gemeinde, wo ein Kind geboren wird, ändert sich das Leben. In die berechnende Welt, in der so viel gezählt und registriert wird, kommt eine neue Wirklichkeit, die sich mit Geld nicht erkaufen lässt. Ein Kind erblickt das Licht der Welt – und wird zum Lichtblick für die, die es miterleben. Als das Jesuskind geboren wird, so sagt die Bibel, verwandelt sich die Nacht sogar in eine heilige Nacht.

Die Klarheit Gottes umleuchtet die einfachen Hirten. Sie sind draußen auf dem Feld, irgendwo in der Gegend, bei Nacht und Wind, und passen auf die Schafe auf. Ausgerechnet sie, diese rauen Kerle, hören engelsgleiche Worte. Wunderbare Klänge von einer heilen Welt. Himmlisch, zu schön, um wahr zu sein. Aber die Hirten lassen sich nicht einlullen, einer rempelt den andern und sie ermuntern sich gegenseitig: Lasst uns das überprüfen, ob es stimmt oder ob wir alle nur dasselbe geträumt haben! Diese dunklen Gestalten gehen den Worten nach, lassen sich vom Licht führen und finden tatsächlich ein neugeborenes Kind in einem Stall. Da geht ihnen ein Licht auf.

Sie merken urplötzlich, dieses Kind wird das Leben verändern. Das Kind in der Krippe ist d e r Lichtblick für die ganze Welt. Sie wissen, Gott ist nah. Auch uns! Rein äußerlich hat sich nichts verändert. Der Stall ist ein einfacher Stall geblieben, er hat sich nicht in einen Palast verwandelt. Die Hirten sind einfache Leute geblieben, sie sind nicht schlagartig wohlhabend und berühmt geworden, wie wir das z.B. aus der Werbung kennen: Alles ist möglich, glaub ans Glück. Zuerst arm und dann ausgesorgt. Rein äußerlich betrachtet schaut alles aus wie zuvor. Aber im Innern, in ihrem Herzen wissen und spüren sie, alles ist möglich dem, der glaubt. Wer mit dem Herzen sieht, dem geht ein Licht auf: Uns ist heute der Heiland geboren. Der Himmel hat sich aufgemacht, geöffnet für uns. Gott selbst hat sich aufgemacht, auf den Weg gemacht zu uns. Er beschenkt uns mit dem Kind in der Krippe. Das wird uns retten. Große Freude beflügelt die Hirten und macht ihnen Beine: Sie können gar nicht anders, als immer wieder davon zu berichten und es weiter zu erzählen, und ihr Rufen dringt über die Zeit von damals bis zu uns her: Euch ist heute der Heiland geboren.

Liebe Gemeinde, hören wir´s? Sind wir empfangsbereit und offen für diese Botschaft? „Schick mir einen Stern und ein Licht, damit die Gier im Herzen aufbricht…“ Sicher kennen sie das. Dass sich manchmal etwas in einem einnistet und einem die unbeschwerte Lebensfreude lahmlegt - wie schockgefroren fühlt man sich dann. Angst vor der Zukunft, vor dem, was uns und unseren Kindern noch alles blüht – Terroranschläge, die Klimaerwärmung (wann kriegen wir das Görtschitztal wieder heil?), und die große Frage, wie es mit den flüchtenden Menschen weitergehen wird, die bei uns Unterschlupf und Heimat suchen?

Vielleicht reichen uns heute ja die Lichter am Weihnachtsbaum aus und die altvertrauten Melodien, um das Eis von unserer Seele schmelzen zu lassen… aber was ist nach den Weihnachtstagen? Liebe Gemeinde am Heiligen Abend, uns geht ein Licht auf. Die Hirten in der Weihnachtsgeschichte machen es uns vor. Sie machen sich auf. Sie verharren nicht im Bisherigen. Sondern reagieren auf die neue Situation: Sie gehen und schauen nach. Und dabei bemerken sie, dass es Sinn macht, was sie da tun.

Eine neue Klarheit umleuchtet sie, als sie erkennen. Gott ist Mensch geworden, einer von uns. Das Eis schmilzt von unserer Seele, das Licht weist einen neuen Weg. So wird der Heilige Abend für uns alle zum Aufbruch in die Menschlichkeit.

Näheres über die Gemeinde

www.evang-kaernten.at

Kontakt

Evangelisches Pfarramt
Marktstraße 17
9601 Agoritschach/Arnoldstein
Österreich

gottesdienst@orf.at

Kommentar mit Audiodeskription

Johannes Karner
Marco Uschmann

Redaktion und Bildregie

Thomas Bogensberger