prächtig barocke Orgel in Gold, umgeben von weißem Marmor

Dominikaner Wien

Seid heilig und vollkommen!

Dieser Katholische Gottesdienst kam live aus der Dominikanerkirche in Wien. Mit der Gemeinde feierte Pfarrer Pater Günter Reitzi.

Portrait eines verschmitzten Ordensbruders

Dominikaner Wien

Pater Günter Reitzi

Liebe deine Feinde! Wenn einer dich auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die andere hin! Wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! Anspruchsvoll die Bibeltexte dieser Messe. Wie kann es in einer Welt voller Aggression funktionieren, vollkommen zu sein, ja heilig zu sein, wozu schon Mose im ersten Bund den Auftrag bekommt und wie Jesus es von seinen Jüngern einfordert? Mit diesen Fragen hat sich Pater Günter Reitzi auch in seiner Predigt beschäftigt.

Deinen Nächsten lieben wie dich selbst

1. Lesung: Levitikus 19

Der Herr sprach zu Mose: "Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten, und sag zu ihnen: ‚Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig. Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Stammesgenossen zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden. An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten Lieben wie dich selbst.‘ Ich bin der Herr.’"

Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr

2. Lesung: Erster Brief des Apostels Paulus an die Korinther 3

Brüder! Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr. Keiner täusche sich selbst.

MUSIK

Hoch sei gepriesen unser Gott!

Herr, erbarme dich unser!

Dir Gott im Himmel Preis und Ehr

Halleluja

Heilig bist du, großer Gott

Fröhlich lasst uns Gott lobsingen!

Orgel: Eivind Berg

Wenn einer von euch meint, er sei weise in dieser Welt, werde er töricht, um weise zu werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott. In der Schrift steht nämlich: „Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List.“ Und: „Der Herr kennt die Gedanken der Weisen; er weiß, sie sind nichtig.“ Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen. Denn alles gehört euch; Paulus, Apollos, Kephas, Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft, alles gehört euch. Ihr aber gehört Christus, und Christus gehört Gott.

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde!

Evangelium: Matthäus 5

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: "Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.

Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

Wir als Ort der Liebe Gottes

Predigt

Möchten Sie heilig sein? Vielleicht denken die einen jetzt, dazu müsste ich erst heiliggesprochen werden. Oder die anderen, das ist eine ziemlich anstrengende Sache. Oder: Werde ich da schon wieder zu etwas gezwungen?

Was ist eigentlich heilig? Das Alte Testament kennt nur einen Heiligen – nämlich Gott. Trotzdem spricht es von heiligen Orten, Dingen und auch Menschen. Damit wird die Zugehörigkeit zu Gott bezeichnet – alles, was direkt mit Gott in Verbindung gebracht wird, ist heilig. Aber es ist zuerst nicht aus sich selbst heilig, sondern weil Gott es in Besitz genommen, sich zu Eigen gemacht hat. Heilig ist also, wo der Heilige gegenwärtig ist, wo wir Gott begegnen. Was heißt das? Er offenbart sich, zeigt sich, wie er ist. Das ist für uns in den Texten der Bibel erkennbar geworden, in den Erzählungen des Volkes Gottes, das den Heiligen als einen Verzeihenden erleben darf, der sein Volk immer wieder annimmt, es aber auch ermahnt und korrigiert. Vor allem aber erkennen wir das Wesen Gottes in Jesus, in dem er sich selbst offenbart. In Jesus wird dieser Gott als liebender und barmherziger Vater erkennbar. In Jesus wird die Haltung Gottes zu uns Menschen sichtbar: Er weist zurecht ohne zu verurteilen. Er verzeiht ohne Schuldzuweisung. Er heilt ohne Bedingungen. Er liebt ohne etwas zu fordern. Und er erhofft, dass wir Menschen uns von ihm berühren lassen – also ihn in uns an- und aufnehmen. Dass wir so heilig werden, weil er, der Heilige, uns erfüllt.

Vom „Heiligen“ erfüllt zu sein, müsste aber konsequent unser Verhalten prägen. Das, was wir in der 1. Lesung gehört haben: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Sich selbst lieben, weil der Heilige uns mit seiner Liebe erfüllt. Weil wir Ort der Liebe Gottes sind. Und aus dieser Liebe unserem Nächsten begegnen. Das Liebesgebot ist keine Erfindung des Neuen Testamentes. Dort ist es die Wiederholung der Bitte Gottes.

Wenn wir doch auf diese Bitte hörten! So, wie Martin Porres und Rosa von Lima getan haben. Sie haben diese Liebe Gottes nicht nur für sich erkannt. Sie haben sie weitergegeben, indem sie von Gott erzählten und den Armen geholfen haben. Martin an der Pforte seines Klosters, Rosa in ihrer Gartenzelle. Würden wir wie diese beiden leben, wie anders sähe unsere Welt aus! Kein Mensch würde mehr abgewiesen. Es gäbe Gerechtigkeit, auch bei der Verteilung der Güter dieser Erde. Niemand müsste mehr sogenannter Wirtschaftsflüchtling sein. Kein Leid mehr durch Waffen, an denen wir verdienen. Keine drohende Altersarmut mehr. Keine Kinder ohne Zukunft…

Ja, unsere Welt sähe anders aus. Vollkommen, wie Jesus es sagt. Nein, nicht die Welt, sondern wir wären vollkommen – vollkommen erfüllt von der liebenden Gegenwart des heiligen Gottes und somit heilig.Das was uns Jesus heute sagt ist herausfordernd. Dem Bösen mit Gutem zu antworten, niemanden abweisen, sogar für Feinde beten! Dieser Herausforderung werden wir aus eigenen Kräften kaum entsprechen können. Doch Gott bietet sich an, mit uns die Antwort zu geben. Er bietet sich an, uns zu erfüllen – wir müssen nur wollen, für ihn offen sein.

Wenn ich nun noch einmal fragte: Möchten Sie heilig sein? Wäre dann endlich ihre, unsere Antwort: Ja, denn Gott ist der Heilige - er erfülle mich mit seiner Heiligkeit, damit ich vollkommen seinem Bild entsprechen kann? Damit ich sein Ebenbild werde wie am Anfang der Schöpfung gedacht und in dieser Zeit ihn sichtbar mache?
Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig. Ihr sollt vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

Die Dominikaner

Der Orden der Predigerbrüder, wie die Dominikaner eigentlich heißen, wurde 1216 gegründet. Anlass für Dominikus war die Begegnung mit den Irrlehren seiner Zeit. Durch gut ausgebildete Brüder wollte er wahren Glauben lehren, um Menschen neue Gottesbegegnungen zu ermöglichen. Leitwort des Ordens ist „contemplari et contemplata aliis tradere“ – Betrachten, und das in der Betrachtung Erfahrene weitergeben. Dabei ist die Hauptaufgabe der Brüder bis heute die Verkündigung in allen Bereichen - ob für Schülerinnen und Schüler, Studierende, Gefangene oder kranke Menschen.

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Thomas Bogensberger