Diarmaid MacCulloch

ORF/BBC/Robin Dashwood

„Das Christentum und die Sexualität“ und „Verstümmelt – Wie sich Frauen gegen Beschneidung wehren“

Befindet sich das heutige Christentum noch im Einklang mit der modernen Welt? Während die westlichen Gesellschaften liberaler werden, scheint die Kirche in ihren althergebrachten Ansichten zu verharren. Ob Homosexuellenehe, Abtreibung oder Verhütung – die offizielle Haltung der Kirche und jene der meisten Menschen in den westlichen Gesellschaften klafft hier auseinander.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 05. Juni 2018
um 22.35 Uhr, ORF 2

Der Dreiteiler „Das Christentum und die Sexualität“, den „kreuz und quer“ ab 5. Juni 2018 – jeweils Dienstag um 22.35 Uhr in ORF 2 zeigt – beleuchtet die christlichen Haltungen gegenüber Sex, Ehe und Gender in einem größeren historischen Kontext.

Er folgt den komplexen, nicht selten explosiven und häufig spaltenden Ansichten der Religion bis hin zu ihren Wurzeln. Erzählt wird eine außergewöhnliche Geschichte, die vor 2.000 Jahren ihren Anfang nahm.

Die Teile zwei und drei der von Diarmaid MacCulloch präsentierten BBC-Dokureihe folgen am 12. und 19. Juni.

Diarmaid MacCulloch

ORF/BBC/Robin Dashwood

Weibliche Beschneidung, besser gesagt: Genitalverstümmelung, ist eine Tradition, die in etlichen Ländern Afrikas, Asiens und gelegentlich auch in Europa, Amerika und Australien praktiziert wird. In Somalia zum Beispiel, einem Staat am Horn von Afrika, sind rund 98 Prozent aller Frauen beschnitten. „kreuz und quer“ zeigt dazu um 23.25 Uhr den Dokumentarfilm „Verstümmelt – Wie sich Frauen gegen Beschneidung wehren“ der norwegischen Filmemacherin Hilde Haug.

„Das Christentum und die Sexualität“ – Teil 1: Von der Lust zur Sünde

In der ersten Folge der dreiteiligen Serie spürt der Kirchenhistoriker und Theologe Diarmaid MacCulloch den Ursprüngen jener religiös motivierten Gesellschaftsmoral nach, die bis heute die offizielle Haltung der christlichen Kirchen zu Themen wie Sex und Ehe prägt. Diese Reise führt zurück bis zum Beginn des Christentums.

So zeigt sich etwa, dass die Botschaft Jesu auf das Thema Geschlechtsverkehr kaum Bezug nahm. Für die frühen Christen und ihr Verhältnis zum Sex waren vielmehr Sitten und Bräuche der damaligen Gemeinschaften maßgeblich. Deren Fokus lag auf Fortpflanzung und Familie.

Entsprechend wichtig war ihnen der eheliche Rahmen. Dies schlug sich auch in der Haltung der Kirche nieder: Außereheliche Beziehungen wurden folgerichtig verurteilt. Neben den frühen Christen sind auch das antike Athen und das Römische Reich weitere Stationen dieser ersten „Forschungsreise“.

Ein Film von Diarmaid MacCulloch

Frauen Beschneidung

ORF/Haugtussa Films

„Verstümmelt – Wie sich Frauen gegen Beschneidung wehren“

Die weibliche Beschneidung ist eine jahrtausendealte Tradition, die die Jungfräulichkeit eines Mädchens bis zur Eheschließung sicherstellen sollte. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Formen. Zu den grausamsten gehört die sogenannte pharaonische Beschneidung, bei der Klitoris und kleine Schamlippen vollständig entfernt werden.

Anschließend wird die Wundfläche zusammengenäht und nur eine kleine Öffnung bleibt, damit Urin und Menstruationsblut abfließen können. Eine Verstümmelung mit meist gravierenden Folgen. Viele der jungen Mädchen sterben nach dem Eingriff an einer Wundinfektion oder sie verbluten.

Wenn solche Frauen dann heiraten, ist der sexuelle Verkehr mit dem Ehemann äußerst schmerzhaft, ebenso die Geburt eines Kindes. Im Allgemeinen wird behauptet, die Beschneidung von Frauen sei im Islam vorgeschrieben.

Doch diese Vorschrift lässt sich nicht im Koran finden. Vielmehr scheint die Genitalverstümmelung ein Instrument einer männerdominierten Gesellschaft zu sein, um Frauen zu unterdrücken und Macht über sie auszuüben.

Hilde Haug präsentiert in ihrem Dokumentarfilm drei Frauen: die 15-jährige Farhia, eine somalischstämmige Norwegerin, die nicht beschnitten worden ist, weil ihr ihre Mutter die damit verbundenen Schmerzen und Probleme ersparen wollte.

Farhia begibt sich in ihr Herkunftsland Somalia, weil sie mehr über die Tradition der Beschneidung erfahren will. Die 29-jährige Sadia, eine Somalierin, die ebenfalls in Norwegen lebt, ist beschnitten und sie hat sich nicht dagegen gewehrt, sondern es sogar als Ehre empfunden.

Heute weiß sie es besser und würde nie im Leben ihre kleine Tochter beschneiden lassen. Und schließlich die 21-jährige Sirham, eine in England lebende Somalierin: Sie erinnert sich an ihre Beschneidung als überaus traumatische, schmerzliche Erfahrung. Und dennoch kann sie sich vorstellen, ihre Töchter beschneiden zu lassen, damit sie in ihrer Gesellschaft und Kultur akzeptiert werden.

Doch Hilde Haug zeigt auch, dass sich in Somalia NGOs und internationale Organisationen gegen die Genitalverstümmelung engagieren. Sogar eine Zirkus- und Theatergruppe von jungen Männern betreibt Aufklärungsarbeit, um zu erreichen, dass irgendwann die grausame Tradition der weiblichen Beschneidung verboten sein wird.

Ein Dokumentarfilm von Hilde Haug