Diarmaid MacCulloch im Pitt-Rivers-Museum, Oxford.

ORF/BBC/Kimberly Arms

„Sex und Co in der Moderne“ und „Wenn Priester Frauen lieben“

Im letzten Abschnitt seiner Reise führt uns Diarmaid MacCulloch durch das Zeitalter der Moderne und zeigt, wie sich schließlich unsere heutige, liberale Haltung zu Sex und Ehe entwickelt hat.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 19. Juni 2018
um 22.35 Uhr, ORF 2

In „Sex und Co. in der Moderne“, dem letzten Teil des BBC-Dreiteilers „Das Christentum und die Sexualität“, den „kreuz und quer“ am Dienstag, dem 19. Juni 2018, um 22.30 Uhr in ORF 2 zeigt, führt Diarmaid MacCulloch durch das Zeitalter der Moderne und dokumentiert, wie sich schließlich die heutige, im Westen vorherrschende Haltung zu Sex und Ehe entwickelt hat. Um 23.15 Uhr folgt Helmut Manningers Dokumentation „Wenn Priester Frauen lieben“.

Diarmaid MacCulloch vor der Kathedrale von Wells im englischen Somerset.

ORF/BBC/Kimberly Arms

„Das Christentum und die Sexualität“ – Teil 3: „Sex und Co. in der Moderne“

Langezeit war eine generell negative Sicht der Sexualität vorherrschend gewesen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts schlug die Sexualität zurück. Beispiel England: Nur eineinhalb Kilometer von der Pracht der Londoner St. Paul’s Cathedral entfernt fand sich eine völlig andere Welt – Sex war an jeder Straßenecke käuflich.

Das Phänomen an sich war zwar nicht neu, aber doch die Ausmaße. Die Church of England versuchte, diese Ausschweifungen zu bekämpfen. Doch das Christentum sprach nicht länger mit einer Stimme: Neben der etablierten Kirche gab es nun protestantische Konkurrenzkirchen. Die Kontrolle über die Sexualität entglitt der Kirche.

In den protestantischen Kirchen begann sich allmählich auch das Bild der Frauen zu ändern. Viele frühe christliche Denker hatten dazu geneigt, Frauen als sexuelle Verführerinnen darzustellen. Nun begann man, Frauen den größeren moralischen Ernst zuzuschreiben. Die Männer galten als Sklaven der Leidenschaft und Lust.

Doch die Stellung, die Frauen etwa in der methodistischen Kirche kurzfristig erhielten, wurde ihnen im spätestens im 19. Jahrhundert wieder von den Männern streitig gemacht. Dennoch hatte der frühe Aufbruch Auswirkungen bis heute.

Auch eine ganze andere, ebenso radikale Umwälzung im 20. Jahrhundert wird in diesem dritten Teil der BBC-Reihe thematisiert: Die 1960er Jahre bringen die Antibabypille – und machen Verhütung damit so einfach wie nie zuvor. Auf diese neue Herausforderung fanden die verschiedenen christlichen Kirchen unterschiedliche Antworten.

Max Tödtling; Nora Musenbichler

ORF/Gloria Film

„Wenn Priester Frauen lieben“

... oder umgekehrt: wenn Frauen Priester lieben. Liebesbeziehungen wie diese können schwerwiegende Folgen haben, gleichgültig, ob sie offen oder verdeckt gelebt werden. „Wie oft haben wir gehört: ,Die Hure, die uns unseren Priester weggenommen hat!‘“, sagt Anni Chocholka, die vor gut 40 Jahren den katholischen Priester Hans Chocholka geheiratet hat. Bis heute leidet er darunter, dass er seit der Eheschließung sein Amt nicht mehr ausüben darf.

Ein Spaziergang Hand in Hand durch den Park, der für jedes „normale“ Paar selbstverständlich ist, war für Nora Musenbichler eine weit entfernte Utopie. 15 Jahre lang führte sie eine verdeckte Liebesbeziehung mit Max Tödtling, der Pfarrer und Dechant von Leoben-Donawitz war.

Nur die Familien waren eingeweiht. Es fiel ihnen nicht leicht, dieses Geheimnis mitzutragen – und manchmal „mitlügen“ zu müssen. Jetzt ist das Versteckspiel vorbei: Max entschloss sich, auch öffentlich zu seiner Partnerin zu stehen. Nora und Max wollen heiraten. Dazu braucht es noch die sogenannte Laisierung – eine Zeit des Wartens auf die Erlaubnis aus Rom.

Als die gebürtige Amerikanerin Colleen ihren zukünftigen Mann kennenlernt, ist er Buchhändler. Danach studiert Gerhard Höberth evangelische Theologie und wird evangelisch-lutherischer Pastor. Jahre später konvertiert er und tritt in die römisch-katholische Kirche über. Obwohl er Frau und vier Kinder hat, wird er schließlich ganz offiziell im Wiener Stephansdom zum katholischen Priester geweiht.

Denn aufgrund seiner Konversion bekam er eine Art Ausnahmegenehmigung aus dem Vatikan: Die kirchenrechtliche Weihebedingung, zölibatär zu leben, gilt für ihn nicht. Wobei Höberth wichtig ist, dass er nicht von sich aus darauf gedrängt hat, zum Priester geweiht zu werden. Es sei ein Angebot gewesen, das er dankbar angenommen habe.

Als Verheirateter auch Priester sein: Warum darf er, was andere nicht dürfen? Eine einmalige Ausnahme? Oder will Kardinal Christoph Schönborn, der sich im Vatikan sehr für die Weihe Höberths eingesetzt hat, einen Versuchsballon steigen lassen? Ob die Gläubigen mit einem verheirateten römisch-katholischen Priester ein Problem haben?

Verheiratete Priester feiern Gottesdienste und spenden Sakramente. Sie trauen Paare und taufen Kinder und Enkelkinder. Und sie tun es mit oder ohne Erlaubnis „von oben“. Eine römisch-katholische Realität. Wenn Priester Frauen lieben – und umgekehrt: eine „kreuz und quer“-Doku über verheiratete Priester und deren Frauen.

Ein Film von Helmut Manninger