Batul, eine in Bozen lebende Psychiaterin, die sich vor allem im Bereich transkulturelle Psychiatrie engagiert

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Kopftuch und Rock ’n’ Roll und Können Haare Sünde sein? – Religiöse Kopfbedeckungen

Wie geht es muslimischen Frauen, die öffentlich ein Kopftuch tragen, in der westlichen Zivilisation? Dieser Frage geht die italienische Filmemacherin Luisa Porrino in ihrer Dokumentation „Kopftuch und Rock ’n’ Roll“ nach.

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Sendungshinweis

Dienstag, 10. Juli 2018
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wie geht es muslimischen Frauen, die öffentlich ein Kopftuch tragen, in der westlichen Zivilisation? Dieser Frage geht die italienische Filmemacherin Luisa Porrino in ihrer Dokumentation „Kopftuch und Rock ’n’ Roll“ nach.

In einem sehr persönlich gestalteten Film lässt sie drei junge muslimische Italienerinnen zu Wort kommen, die für sich entschieden haben, einen Hidschab, ein Kopftuch zu tragen:

Um 23.20 folgt „Können Haare Sünde sein?“ Juden, Muslime, Christen und Sikhs – was haben sie gemeinsam? Haare spielen bei diesen Religionen eine wesentliche Rolle, sie werden auf verschiedene Weisen gepflegt, bedeckt, ver- und enthüllt.

Batul, eine in Bozen lebende Psychiaterin, die sich vor allem im Bereich transkulturelle Psychiatrie engagiert

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Kopftuch und Rock ’n’ Roll

Die aus Perugia stammende Sumaya, die als Soziologin und Kulturvermittlerin mit jungen Musliminnen und Muslimen arbeitet, die syrisch-stämmige Batul, die als Psychiaterin in einem Bozener Krankenhaus beschäftigt ist, und die mit ihren Eltern aus Tunesien geflüchtete, jetzt in Rom lebende Karikaturistin Takoua, deren Titelheldinnen immer Kopftuch tragen.

Durch ihre Kopfbedeckung geben sich die drei Frauen öffentlich als Musliminnen zu erkennen und sind daher auch immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert, die generell dem Islam und seinen Anhängerinnen und Anhängern entgegengebracht werden.

Natürlich wissen die drei Frauen, dass im Namen des Islam grauenhafte Attentate verübt werden, mit zahllosen Toten und Verletzten. Al Kaida, IS, Boko Haram – das sind nur einige der islamistischen Terrororganisationen, die die Welt in Angst und Schrecken versetzen.

Dennoch wehren sich die italienischen Musliminnen gegen Verallgemeinerung. Sie möchten ihres Glaubens wegen nicht als potentielle Verbrecherinnen abgestempelt werden, sondern verlangen für sich das Recht, ihre Religion frei und unbehelligt ausüben zu können.

Unter anderem bringen sie auch das Thema Dschihad zur Sprache, das im Westen praktisch immer als „Heiliger Krieg“ verstanden wird. Doch die tiefere Bedeutung von Dschihad ist Bemühung, Anstrengung.

„Wir sind alle Dschihadisten“, bringt es die junge Karikaturistin Takoua auf den Punkt, denn jeder Mensch bemühe sich, seinen Alltag so gut wie möglich zu bewältigen.

Ein Film, der ein heikles Thema sehr offen, aber auch sehr differenziert behandelt.

Deutschsprachige ORF-Bearbeitung: Rosemarie Pagani-Trautner
ORF-Redaktion: Christoph Guggenberger

Großeltern der Familie Bajwa

ORF/Tausend Rosen/Matthias Tschannett

Das vitale lange Haar als Zeichen von Stärke oder von Fruchtbarkeit wurde in den Jahrhunderten auf verschiedene Weisen ver- oder enthüllt, die Dokumentation beschäftigt sich mit der Bedeutung dieser Art der „Verhüllung“ und „Enthüllung“ in der Kulturgeschichte von Islam, Christentum und Judentum und legt den Fokus vor allem auf die Frauen.

„Können Haare Sünde sein?“

Juden, Muslime, Christen und Sikhs – was haben sie gemeinsam? Haare spielen bei diesen Religionen eine wesentliche Rolle, sie werden auf verschiedene Weisen gepflegt, bedeckt, ver- und enthüllt. Das vitale lange Haar als Zeichen von Stärke und Fruchtbarkeit und als schönster „Schmuck“ der Frau steht seit vielen Jahrhunderten im Mittelpunkt eines geregelten religiösen Alltagslebens: Schon im 12. Jahrhundert vor Christus verhüllte sich die ehrenhafte, verheiratete Frau beim Verlassen des Hauses mit einem Schleier, die Bedeckung verschaffte den Frauen die Freiheit, nicht belästigt zu werden, sie war ein Zeichen ihres sozialen Ranges.

Heute sind sichtbare Religionssymbole in der Öffentlichkeit suspekt: Kopftuchträgerinnen, verschleierte Frauen und Männer mit Turban sind im Straßenbild verdächtig – meint man doch, „radikale Muslime“ vor sich zu haben. Gurdial Singh Bajwa, Unternehmer und Sikh mit Turban, kann davon viel berichten. Nicht nur bei jedem grenzüberschreitenden Flug, sondern auch im Alltag wird seine Familie von Ahnungslosen behelligt.

Besonders dem „Kopftuch“ wird ein negativer Symbolgehalt zugesprochen. Das Kopftuch repräsentiert in Europa nicht nur die Unterdrückung der Frau, sondern es gilt auch als Zeichen für die Rückständigkeit des Islam generell. Dass mittlerweile – ob als Gegenreaktion auf diese Zuschreibungen oder aus vielfältigen anderen Gründen – das Kopftuch von vielen Musliminnen der neuen Generation freiwillig und mit Selbstbewusstsein sogar als Symbol der Emanzipation getragen wird, ist ein Faktum.

Menerva Hammad, 25-jährige Studentin und Journalistin, gehört zu jenen jungen Frauen in Österreich, die ihr Haar sogar gegen den Rat ihrer Eltern verschleiert hat. „Ich war ohnehin nie als Österreicherin richtig akzeptiert – also warum nicht gleich wie eine Muslimin ausschauen.“

Ihre Identität durch ihre Religion auszudrücken ist auch für die gläubige Jüdin Malka Bernholtz wichtig. „Wir Juden fragen nicht, warum die Regeln so sind wie sie sind, wir tun es einfach“, erklärt sie. Verheiratete jüdische Frauen bedecken ihre Haare entweder mit einem Tuch, einer Perücke oder einem Hut. Oft sieht die Perücke dann genauso aus wie die eigenen Haare darunter. Es geht bei dieser Vorschrift allerdings keineswegs darum, die Schönheit der Frau zu mindern, sondern darum, dass die Haare etwas Privates und nur dem Ehemann vorbehalten sind.

Ein Film von Elisabeth Krimbacher und Thomas Grusch