UNO-Verhör des Vatikan zu Folter: Missbrauch Streitpunkt

Das Antifolterkomitee der Vereinten Nationen nimmt den Vatikan-Staat im Rahmen seiner turnusmäßigen Überprüfungen von Unterzeichnerstaaten der Antifolterkonvention ins Visier.

Die Untersuchung durch zehn unabhängige Experten findet am 5. und 6. Mai in Genf statt, wie das Hohe Kommissariat für Menschenrechte am Dienstag mitteilte. Es ist das erste Mal seit dem Beitritt des Heiligen Stuhls zu der Konvention 2002, dass sich der Vatikan dieser Prüfung unterzieht. Der Abschlussbericht des UNO-Komitees soll am 23. Mai veröffentlicht werden.

Das Medieninteresse an dem bevorstehenden „Verhör“ des Vatikans richtet sich nicht auf die Vorgänge innerhalb der Mauern des Kleinstaats, sondern auf den Missbrauchskomplex. Die vatikanische Diplomatie stellte jedoch klar, dass das nicht in ihre Kompetenz fällt. Doch die US-Opferschutzorganisation „Survivors’ Network of those Abused by Priests“ (SNAP) ging in die Offensive und stellte einen „Shadow Report“ zusammen, der in die Tagesordnung aufgenommen wurde.

Vatikan-Bericht im Vorfeld eingereicht

Der Vatikan hatte bereits im Vorfeld seine Auffassung dargelegt, der Verpflichtungsbereich des Antifolterabkommens erstrecke sich ausschließlich auf den Bereich des Vatikan-Staates. Und in seinem vorab eingereichten Bericht verweist der Heilige Stuhl deshalb ausschließlich auf die diesbezügliche Wirklichkeit.

Der Vatikan betont darin etwa den „bedingungslosen Respekt für das Leben“ und die Verurteilung von Folter und erniedrigender Behandlung durch die katholische Lehre. Die Absage an eine Verletzung der „körperlichen und geistigen Unversehrtheit“ auf Grundlage der Zehn Gebote sei Teil des Kirchenrechts wie auch päpstlicher Äußerungen. In Berichtszeitraum von 2002 bis 2009 habe der Vatikan weit über 2.700 internationale Medienbeiträge und Botschaften gegen Folter verbreitet.

„Alternative Strafen“ im Vatikan

Zu Justiz und Strafvollzug in seinem 55 Hektar großen Staat erklärte der Vatikan, der Großteil der dort begangenen Verbrechen sei „geringfügiger Natur“, so dass in der Regel alternative Strafen zur Inhaftierung angewandt würden. Sanktionen hätten „auch eine erzieherische und rehabilitierende Funktion“. „Die Todesstrafe existiert nicht im Vatikan-Staat“, heißt es weiter. In keinem Fall habe die Auslieferung einer Person an einen anderen Staat zu Folter geführt.

Gesetzesverstöße würden allgemein mit Geldstrafen oder einem Zutrittsverbot geahndet. Demnach gebe es keine Probleme mit überfüllten Haftanstalten oder Gewalt unter Häftlingen. Neben den zwei bestehenden Zellen werde demnächst einer dritter Haftraum für die gleichzeitige Unterbringung eines Mannes, einer Frau und eines Kindes eingerichtet.

Klagen in „Vatileaks“-Affäre

Der Bericht des Vatikans geht eigens auf Klagen des ehemaligen Papst-Sekretärs Paolo Gabriele ein, der im Zusammenhang mit der „Vatileaks“-Affäre der unerlaubten Weitergabe von Dokumenten bezichtigt wurde. Nach Angaben seines Anwalts war Gabriele 2012 zeitweise in einer Zelle untergebracht, die zu eng war, um beide Arme auszustrecken, und in der 24 Stunden Licht brannte. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe der vatikanische Staatsanwalt Ermittlungen aufgenommen, heißt es in dem Bericht. Dabei habe er sich an dem sogenannten Istanbul-Protokoll zur Untersuchung solcher Vorfälle orientiert.

Nach den Kirchenangaben befasste sich das Gericht des Vatikan-Staates 2009 mit 474 Zivil- und 446 Strafsachen; verantwortlich für die Delikte waren in den meisten Fällen demnach nicht die 451 Bewohner des Vatikan-Staates, sondern Einzelne der 18 Millionen Pilger und Besucher. Weiter betonte der Vatikan, die päpstliche Gendarmerie werde im Umgang mit Gefangenen durch italienische Strafvollzugsbehörden geschult. Zudem sehe die Ausbildung Kurse in internationalem Menschenrecht und der katholischen Lehre zur Menschenwürde vor.

religion.ORF.at/KAP

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