Islamgesetz stößt weltweit auf Interesse

Ungewöhnlich viele internationale Medien haben sich mit dem neuen österreichischen Islamgesetz beschäftigt, darunter auch der arabische TV-Sender al-Jazeera.

Kritik am „Generalverdacht“ gegen Muslime ortet die Schweizer „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“, Mittwoch-Ausgabe). „Besonders umstritten ist die Bestimmung, dass ein Imam oder eine Religionsgesellschaft mit Ausnahme einer einmaligen Spende oder der Abwicklung über eine inländische Stiftung nicht mehr aus dem Ausland finanziert werden darf. Damit wollen die zuständigen Regierungsmitglieder, Kulturminister Ostermayer und Außenminister Kurz, den Einfluss etwa des türkischen Religionsamts zurückdrängen, bei dem derzeit über 60 Imame in Österreich angestellt sind.“

Demonstration in Wien gegen das neue Islamgesetz, 24. Februar 2015

APA/Herber Neubauer

Demonstration am Dienstag in Wien gegen das neue Islamgesetz

Zahlreiche muslimische Organisationen, aber auch die oppositionellen Grünen „sehen darin eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Religionsgemeinschaften und einen weiteren Punkt im Gesetz, der Muslime unter ‚Generalverdacht‘ stelle“, schreibt die „NZZ“.

„FAZ“: Schritt in richtige Richtung

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“, Mittwoch-Ausgabe) schreibt: „Das neue österreichische Islamgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn es schafft einen verbindlichen Rahmen für das religiöse Leben der Muslime und ihre Integration in die österreichische Gesellschaft. Gefragt ist dazu ein Islam, der mit der Lebenswirklichkeit der Muslime hierzulande in Einklang steht.“

Was Österreich anstrebe, „wollen alle in Europa: Die Muslime sollen einen einheimischen Islam hervorbringen, letztlich einen Euro-Islam“, so die „FAZ“. „Das bedeutet auch, dass Imame dann nicht mehr in dem Maße wie bisher aus der Türkei entsandt und dass etwa aus Saudi-Arabien keine Gelder mehr zu Finanzierung von Moscheen angenommen werden dürfen. Wenn der Islam zu Österreich gehört, muss auch die Ausbildung der Imame in Österreich erfolgen.“

„Wie wird die Regierung in Wien etwa die finanzielle Ausstattung der Moscheegemeinden sicherstellen, wenn sie selbst für die Einstellung eines (dann in Österreich ausgebildeten) Imams keine eigenen Mittel haben?“, fragt sich die „FAZ“. „Oder wie geht Wien mit dem Zeugnisverweigerungsrecht für muslimische Gefängnisseelsorger um? Wie setzt Wien praktisch das Versprechen um, islamische Feiertage zuzulassen? Solche Fragen werden in Deutschland erst lösbar sein, wenn die Muslime eine Form der rechtlichen Selbstorganisation finden und der Islam eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wird.“

„Süddeutsche“: „Vielen ist nicht wohl“

Unter dem Titel „Experiment mit dem Islam“ schreibt Cathrin Kahlweit in einem Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe): „Die große Koalition versucht, den Islam österreichischer Prägung auch per Gesetz ethisch und finanziell im Land zu verankern. Ein Balanceakt.“ Die Rechtspopulisten nutzten die Gelegenheit, so Kahlweit, und „fordern in einem Aufwasch ein Burka-Verbot, ein Hassprediger-Verbot, ein Minarett-Verbot“.

„In Österreich ist Superwahljahr, das werden sich mit der Islamismuskeule schon noch ein paar zusätzliche Stimmen zusammenschreiben lassen. Die anderen Parteien pflügen derweil übervorsichtig durch unbekanntes Terrain. Denn obwohl 5,7 Prozent der Bevölkerung Muslime sind, obwohl Muslime seit mehr als einem Jahrhundert Teil der Gesellschaft sind, gehören sie eben irgendwie doch nicht zu Österreich. Oder wie viele Muslime sitzen im Parlament, wie viele Abgeordnete sprechen aus intimer Kenntnis über diese, ihre Religion?“

„Vielen ist nicht wohl“, so die „Süddeutsche“ (Onlineausgabe) am Donnerstag. Der Schura-Rat der IGGiÖ habe am Sonntag eine letzte Stellungnahme erarbeitet, bevor über das Gesetz abgestimmt wurde. „Der Tenor: Ja, aber. Die Vorlage entspreche in zentralen Punkten nicht den Bedürfnissen der in Österreich lebenden Muslime. Aber: Das Papier sei ein Kompromiss, an dessen Ausarbeitung man beteiligt war. Außerdem sei zahlreichen Bedenken Rechnung getragen worden, daher stimme man zu - nach dem Motto: Mehr war nicht drin.“

Britische Medien sehen „Kontroverse“

Auch die britische BBC berichtete auf ihrer Website über das neue Islamgesetz: „Das österreichische Parlament hat kontroversielle Reformen des hundert Jahre alten Islamrechts im Land verabschiedet. Die Änderungen beinhalten ein Verbot der Auslandsfinanzierung für Moscheen und Imame und zielen zum Teil auf den islamistischen Radikalismus ab. Doch muslimische Gruppen sagen, dass das Verbot der Auslandsfinanzierung ungerecht sei, weil internationale Unterstützung für Christen und Juden weiterhin erlaubt ist.“

Der englische „Daily Telegraph“ spricht ebenfalls von kontroversiellen Änderungen: „Österreichs Parlament hat kontroversielle Reformen des Islamgesetzes durchgedrückt, verbietet damit ausländische Finanzquellen und verlangt von Imamen, Deutsch zu sprechen.“

„Kann es einen Islam ‚österreichischer Prägung‘ geben?“, fragt sich die deutsche „Welt“. „Ja, meinen Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und der für Kultur zuständige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ). Sie brachten ein 33 Paragrafen umfassendes Gesetz für die rot-schwarze Regierungskoalition in Wien ein, das nun – nach drei Jahren kontroverser Diskussionen – im Parlament verabschiedet wurde.“

Al-Jazeera zitiert Kurz

Der katarische TV-Sender al-Jazeera berichtete auf seiner Website ebenfalls über das neue österreichische Gesetz: Es werden Außenminister Kurz und die Kritik seitens der Türkei erwähnt. „Der zwei Jahre alte Entwurf ist älter als die Schießereien in Frankreich und Dänemark, aber das Gesetz wurde gestaltet, um den wachsenden Einfluss des radikalen Islam ‚klar zu bekämpfen‘“, wird Kurz von dem TV-Sender zitiert.

religion.ORF.at

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