Missbrauch: Wirbel um australisches Kirchenvermögen
Reporter der beiden Zeitungen erklären, sie hätten in sechsmonatiger Recherche ein Vermögen der Erzdiözese Melbourne von umgerechnet 4,4 Milliarden Euro ermittelt und diesen Wert auf ganz Australien hochgerechnet. Vor der staatlichen Missbrauchskommission habe die Erzdiözese Melbourne ihr Vermögen lediglich mit umgerechnet rund 70 Millionen Euro angegeben, hieß es.
Kaufpreise zugrundegelegt
Auch die Erzdiözese Sydney habe dort den Wert ihrer 160 Pflegeheime, 550 Schulen und anderer Immobilien von rund 400 Pfarren deutlich zu niedrig angegeben. Beide hätten als Bemessungsgrundlage die Kaufpreise aus dem 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts zugrunde gelegt, berichten die Zeitungen unter Verweis auf Dokumente der Missbrauchskommission.
Reuters/Byron Kaye
Die römisch-katholische Kirche gehört zu den größten Immobilienbesitzern und mit rund 220.000 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern Australiens. Neben Immobilien wie Krankenhäusern, Gotteshäusern oder Schulen besitzt sie der Medienrecherche zufolge landesweit zudem Versicherungen, Telekommunikationseinrichtungen, einen Pensionsfonds, Bürohäuser, Sendemasten für Mobiltelefone sowie Sportstätten.
Vorwurf: Entschädigungen niedrig halten
Der Leiter des kirchlichen „Rates für Wahrheit, Gerechtigkeit und Heilung“, Francis Sullivan, wies den Vorwurf der Täuschung zurück. Die von Zeugen der Kommission vorgelegten Dokumente seien „akkurat“ gewesen, sagte Sullivan australischen Medien.
Der Rat ist das von der Bischofskonferenz für die Zusammenarbeit mit der staatlichen Missbrauchskommission beauftragte Gremium. Entschieden wies Sullivan auch den Vorwurf von Missbrauchsopfern zurück, die Kirche verschleiere ihr Vermögen, um Entschädigungszahlungen zu drücken.
Laienorganisation gegen Geheimnistuerei
Peter Johnston von der Laienorganisation „Katholiken für Erneuerung“ warf der Kirche Geheimnistuerei bei ihren Vermögensangaben vor. Die meisten Katholiken hätten „keine Ahnung“ über den Reichtum. Ann O’Connell, Steuerrechtsexpertin an der Universität Melbourne, forderte eine Überprüfung des kirchlichen Status als wohltätige Organisation und der damit verbundenen Steuerprivilegien.
Der „Sydney Morning Herald“ berichtet, ihre dezentrale Struktur mache es der Kirche einfach, „Fragen über ihr gesamtes Vermögen auszuweichen“. Zugleich präsentiere sie sich oft „als eine einzige Organisation“.
religion.ORF.at/KAP/KNA
Mehr dazu:
Missbrauchsbericht: Australiens Kirche entschuldigt sich
(religion.ORF.at; 15.12.2017)