Papamobil in den Menschenmassen von Ecatepec, einem Vorort von Mexiko-Stadt

REUTERS/Max Rossi

Papstgottesdienst live aus Mexiko

Der ORF übertrug einen der ersten Höhepunkte der sechstägigen Reise von Papst Franziskus live - die Messe einer Million Menschen in Ecatepec, einem Vorort von Mexiko-Stadt.

Von 12. bis 17. Februar dauerte diese zwölfte Auslandsreise im Pontifikat von Papst Franziskus, bei der der Besuch von insgesamt sechs mexikanischen Großstädten auf dem Programm stand. Mexiko ist nach Brasilien das Land mit den meisten Katholikinnen und Katholiken, mehr als drei Viertel der Bevölkerung gehören der römisch-katholischen Kirche an. Und rund eine Million Menschen feierten mit Papst Franziskus diesen Gottesdienst. Sein Vorgänger Benedikt XVI. hatte das Land im Jahr 2012 besucht, Johannes Paul II. war in Mexiko sogar fünf Mal zu Gast gewesen, zuletzt 2002.

Für den ORF kommentierten die festliche Zeremonie Christoph Riedl-Daser und der Lateinamerikakenner Pater Franz Helm.

Bekenntnis

1. Lesung: Deuteronomium 26

In jenen Tagen sprach Mose zum Volk: "Wenn du die ersten Erträge von den Früchten des Landes darbringst, dann soll der Priester den Korb aus deiner Hand entgegennehmen und ihn vor den Altar des Herrn, deines Gottes, stellen. Du aber sollst vor dem Herrn, deinem Gott, folgendes Bekenntnis ablegen:

Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk. Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf. Wir schrien zum Herrn, dem Gott unserer Väter, und der Herr hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis. Der Herr führte uns mit starker Hand und hoch erhobenem Arm, unter großem Schrecken, unter Zeichen und Wundern aus Ägypten, er brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Und siehe, nun bringe ich hier die ersten Erträge von den Früchten des Landes, das du mir gegeben hast, Herr. Wenn du den Korb vor den Herrn, deinen Gott, gestellt hast, sollst du dich vor dem Herrn, deinem Gott, niederwerfen."

Alle haben denselben Herrn

2. Lesung: Römer 10

Brüder! Was sagt die Schrift? Das Wort ist dir nahe, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Gemeint ist das Wort des Glaubens, das wir verkündigen.
9denn wenn du mit deinem Mund bekennst: „Jesus ist der Herr“ und in deinem Herzen glaubst: „Gott hat ihn von den Toten auferweckt“, so wirst du gerettet werden. Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen. Denn die Schrift sagt: Wer an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen.

Darin gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen. Alle haben denselben Herrn, aus seinem Reichtum beschenkt er alle, die ihn anrufen. Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.

Gott nicht auf die Probe stellen

Evangelium: Lukas 4

In jener Zeit verließ Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger. Da sagte der Teufel zu ihm: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.“ Jesus antwortete ihm: „In der Schrift heißt es, der Mensch lebt nicht nur von Brot.“ Da führte ihn der Teufel auf einen Berg hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde.

Und er sagte zu ihm: „All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.“ Jesus antwortete ihm: „In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.“

Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: „Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab! Denn es heißt in der Schrift: ‚Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten.‘ und: ‚Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.‘“ Da antwortete ihm Jesus: „Die Schrift sagt, du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“ Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.

Wir haben uns für Jesus entschieden

Predigt

Am vergangenen Mittwoch haben wir die liturgische Fastenzeit begonnen, mit der die Kirche uns einlädt, uns darauf vorzubereiten, das große Osterfest zu feiern. Es ist eine besondere Zeit, um an das Geschenk unserer Taufe zu denken, als wir Kinder Gottes wurden. Die Kirche fordert uns auf, die Gabe, die uns geschenkt wurde, zu neuem Leben zu erwecken, um sie nicht wie etwas Vergangenes im Schlummerzustand zu belassen oder in einer Schublade für Erinnerungen. Diese Fastenzeit ist ein günstiger Moment, die Freude und die Hoffnung zurückzugewinnen, uns als geliebte Kinder des himmlischen Vaters zu fühlen. Dieses Vaters, der uns erwartet, um uns die Gewänder der Müdigkeit, der Apathie und des Misstrauens auszuziehen und uns so mit der Würde zu bekleiden, die nur ein wahrer Vater oder eine wahre Mutter ihren Kindern zu geben weiß. Mit den Gewändern, die aus Zärtlichkeit und Liebe gewoben sind. Unser Vater ist der Vater einer großen Familie. Er weiß eine „einzige“, einzigartige Liebe zu hegen, aber er weiß nicht, „einzige“ Kinder, Einzelkinder aufzuziehen. Er ist ein Gott, der etwas von familiärer Heimstatt, von Geschwisterlichkeit, von gebrochenem und miteinander geteiltem Brot versteht. Es ist der Gott des Vater „unser" - nicht „mein" Vater und „euer“ Schwieger-Vater“.

Tief eingenistet lebt in jedem von uns dieser Traum von Gott, den wir an jedem Osterfest, in jeder Eucharistie von neuem feiern: Wir sind Kinder Gottes. Ein Traum, mit dem viele unserer Brüder und Schwestern im Laufe der ganzen Geschichte gelebt haben. Ein Traum, der mit dem Blut vieler Märtyrer von gestern und heute bezeugt wurde. Die Fastenzeit ist eine Zeit der Umkehr, denn täglich machen wir in unserem Leben die Erfahrung, wie dieser Traum immer neu bedroht wird durch den Vater der Lüge, durch den, der danach trachtet, uns zu trennen, indem er eine geteilte, entzweite Gesellschaft hervorbringt. Eine Gesellschaft weniger und für wenige. Wie oft erfahren wir am eigenen Leib oder in unserer Familie, unter unseren Freunden oder Nachbarn den Schmerz, den das Gefühl einer mangelnden Anerkennung dieser Würde, die wir alle in uns tragen, verursacht. Wie oft haben wir weinen und Reue empfinden müssen, weil wir bemerkten, dass wir diese Würde in den anderen nicht erkannt haben. Wie oft – und ich sage das schmerzerfüllt – sind wir blind und unempfindlich gegenüber dem Mangel, die eigene Würde und die der anderen nicht zu erkennen!

Fastenzeit – eine Zeit, die Sinne zu schärfen und die Augen zu öffnen angesichts so vieler Ungerechtigkeiten, die unmittelbar gegen den Traum und den Plan Gottes verstoßen. Eine Zeit, diese drei wichtigen Formen der Versuchung zu entlarven, die das Bild, das Gott gestalten wollte, zerbrechen und spalten. Drei Versuchungen Christi - drei Versuchungen des Christen, die beabsichtigen, die Wahrheit zunichte zu machen, zu der wir berufen sind. Drei Versuchungen, die zu entwürdigen und uns zu entwürdigen suchen.

Erstens der Reichtum. Wir eignen uns Güter an, die für alle gegeben wurden, und nutzen sie so nur „für mich“ oder „für die Meinen“. Das bedeutet, das Brot zu haben, das der andere im Schweiße seines Angesichts oder sogar unter Einsatz seines Lebens verdient hat. Dieser Reichtum ist das Brot, das nach Schmerz, Verbitterung und Leiden schmeckt. In einer korrupten Familie oder Gesellschaft ist es das Brot, das man den eigenen Kindern zu essen gibt. Zweitens die Eitelkeit. Dieses Streben nach Prestige, das sich auf die fortwährende und ständige Disqualifizierung derer gründet, die nicht so sind wie man selbst. Das verbissene Streben nach diesem kurzen Augenblick des Ruhms, das den Ruhm der anderen nicht verzeiht. „Brennholz aus dem umgestürzten Baum zu gewinnen“ führt bereits zur dritten Versuchung: dem Hochmut. Das heißt, sich auf eine Ebene der Überlegenheit jeglicher Art zu stellen, in dem Gefühl, nicht das gewöhnliche Leben der Sterblichen zu teilen, und täglich zu beten: Danke, Herr, dass du mich nicht so gemacht hast wie jene.

Drei Versuchungen, mit denen sich der Christ täglich auseinandersetzen muss. Drei Versuchungen, die danach trachten, die Freude und die Frische des Evangeliums zu trüben, zu zerstören und auszumerzen, die uns einschließen in einen Kreislauf der Zerstörung und der Sünde.

Es lohnt sich also, dass wir uns fragen:
Wie weit sind wir uns dieser Versuchungen in unserer Person, in uns selbst bewusst? Wie weit haben wir uns an einen Lebensstil gewöhnt, der meint, im Reichtum, in der Eitelkeit, im Hochmut liege die Quelle und die Kraft des Lebens?
Wie weit glauben wir, dass die Achtsamkeit gegenüber dem anderen, unsere Sorge und unser Einsatz für das Brot, den guten Ruf und die Würde der anderen Quellen von Freude und Hoffnung sind?

Wir haben uns für Jesus entschieden und nicht für den Teufel. Wir wollen seinen Spuren folgen, wissen aber, dass das nicht leicht ist. Wir wissen, was es bedeutet, von Geld, Ruhm und Macht verlockt zu werden. Darum schenkt uns die Kirche diese Zeit - sie lädt uns zur Umkehr ein, mit einer einzigen Gewissheit: Er erwartet uns und möchte unser Herz heilen von allem, was es entwürdigt, indem das Herz sich selbst oder andere entwürdigt. Er ist der Gott, der einen Namen hat: Barmherzigkeit. Sein Name ist unser Reichtum, sein Name ist unser Ruhm, sein Name ist unsere Macht, und in seinem Namen wiederholen wir noch einmal mit dem Psalm: „Du bist mein Gott, dem ich vertraue.“ Wir können es gemeinsam wiederholen: „Du bist mein Gott, dem ich vertraue.“

Möge der Heilige Geist in dieser Eucharistiefeier in uns die Gewissheit erneuern, dass Gottes Name Barmherzigkeit ist, und uns jeden Tag erfahren lassen, dass das Evangelium Herz und Leben derer erfüllt, die Jesus begegnen, weil sie wissen, dass mit ihm und in ihm immer neu die Freude aufkommt!

Kommentar

Christoph Riedl-Daser
P. Franz Helm

Gesamtprogramm der apostolischen Reise

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