Mutter Teresa

ORF/MR-Film

Live: Heiligsprechung Mutter Teresa

Der ORF war dabei, als Papst Franziskus auf dem römischen Petersplatz die Albanerin Anjezë Gonxha Bojaxhiu heilig sprach, die in Indien als Mutter Teresa wirkte. Durch den Vormittag führten Christoph Riedl-Daser, Paul Michael Zulehner, Mathilde Schwabeneder, Johannes Karner und Gregor Waltl.

Hunderttausende Gläubige sowie internationale Delegationen wie Indiens Ministerpräsident Narendra Modi und die spanische Königin Sofia feierten die Zeremonie mit. Im Rahmen der Sondersendung brachte der ORF auch Reportagen sowie Schaltungen zur Vatikankorrespondentin Mathilde Schwabeneder in Rom. Für Sehbehinderte wurde dabei auf einer eigenen Tonspur von Johannes Karner und Gregor Waltl audiokommentiert.

Hilfe an den Letzten, woher auch immer sie waren

Kardinal Amato

Heiliger Vater, die heilige Mutter Kirche bittet Eure Heiligkeit darum, die selige Teresa von Kalkutta in das Verzeichnis der Heiligen aufzunehmen und vor allen Christgläubigen als Heilige öffentlich bekannt zu machen.

Die demütige Schwester, an die sich unzählige Menschenmassen liebevoll mit dem Namen Mutter Teresa wenden, ist die Selige, die wir heute Eurer Heiligkeit präsentieren, damit durch die erhoffte Heiligsprechung die gesamte Welt sie betrachten, deren Fürsprache erbitten und sie in ihrem karitativen Wirken nachahmen kann.

In ihrem Leben verstand sie es, nach dem Beispiel Christi, dem guten Samariter, jedem beizustehen, den sie in der Not antraf, indem sie das Leid derjenigen teilte, die in den äußersten Peripherien der Gesellschaft leben, und dadurch die grenzenlose Liebe Gottes für Sein Volk bezeugte.

Die selige Teresa von Kalkutta wurde als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje am 26. August 1910 in eine albanisch-stämmige Familie geboren. Als Jugendliche band sie sich immer mehr in die Aktivitäten ihrer Pfarrei ein, und langsam reifte in ihr der Entschluss, sich ganz Gott zu widmen. Sie verließ ihr Elternhaus und wurde als Postulantin im Kloster der Seligen Jungfrau Maria der Loreto-Schwestern in Rathfarnam bei Dublin aufgenommen.

Sie wurde nach Indien geschickt, und nach dem Abschluss ihres Noviziats in Darjeeling legte sie ihre Ordensgelübde ab und nahm den Namen Teresa an. Als Lehrerin wirkte sie 17 Jahre an der Saint Mary’s Bengali Mittelschule bei Kalkutta. Als sie im Zug von Kalkutta nach Darjeeling reiste, empfing die Selige das, was sie „Berufung in der Berufung“ nannte: Sie sollte ein Ordensinstitut mit dem Ziel gründen, „den unendlichen Durst Jesu am Kreuz nach Liebe und nach Seelen zu stillen“ und für das Heil und die Heiligung der Ärmsten unter den Armen zu arbeiten.

So gründete Mutter Teresa die Kongregation der Missionarinnen der Nächstenliebe und fügte später weitere Werke hinzu: die Kongregation der Missionare der Nächstenliebe, mehrere Laienorganisationen und eine Bewegung für Weltpriester.

Mutter Teresa scheute keine Mühe und widmete sich voll und ganz der Verkündigung des Evangeliums durch vielfältige karitative Aktivitäten und die Hilfe an den Letzten, denen sie diente, welcher Herkunft, Religion oder Ethnie auch immer sie waren. Zur Grundlage aller ihrer Unternehmungen machte sie täglich die Feier der Heiligen Messe, die Eucharistische Anbetung, das Gebet und einen großen Geist universeller Liebe, der sie dazu brachte, in den Armen Jesus zu sehen und ihm zu dienen.

Mutter Teresas heroisches Zeugnis im Sinne des Evangeliums trug ihr die Bewunderung der höchsten Autoritäten der Kirche und der säkularen Welt ein. 1979 wurde sie auch mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Körperlich aufgezehrt, doch immer noch stark im Geist, entschlief sie selig in Kalkutta am 5. September 1997. Bereits damals umgab sie ein breiter, solider und einstimmiger Ruf der Heiligkeit.

Kanonisation

Papst Franziskus

Zur Ehre der allerheiligsten Dreifaltigkeit, zum Ruhm des katholischen Glaubens und zur Vertiefung des christlichen Lebens bestimmen wir und legen kraft der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der heiligen Apostel Petrus und Paulus sowie kraft unserer apostolischen Autorität nach reiflicher Überlegung, intensivem Gebet um göttlichen Beistand und auf den Rat vieler unserer Brüder im Bischofsamt hin fest, dass die selige Teresa von Kalkutta „heilig“ ist, und wir nehmen sie in das Verzeichnis der Heiligen auf. Wir setzen fest, dass sie in der ganzen Kirche in frommer Andacht als Heilige verehrt werden soll. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Wir finden nur mit Mühe, was auf der Hand liegt

1. Lesung: Buch der Weisheit 9

Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will? Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken, denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und das irdische Zelt belastet den um Vieles besorgten Geist.

Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was auf der Hand liegt. Wer kann dann ergründen, was im Himmel ist? Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast? So wurden die Pfade der Erdenbewohner gerade gemacht, und die Menschen lernten, was dir gefällt. Durch die Weisheit wurden sie gerettet.

Fühlst du dich mir verbunden, nimm ihn auf wie mich!

2. Lesung: Brief des Apostels Paulus an Philemon

Lieber Bruder! Ich, Paulus, ein alter Mann, der jetzt für Christus Jesus im Kerker liegt, ich bitte dich für mein Kind Onesimus, dem ich im Gefängnis zum Vater geworden bin.

MUSIK

Hymne des Heiligen Jahres
der Barmherzigkeit

Veni creator spiritus

Allerheiligenlitanei

Iubilate Deo

Gloria in excelsis Deo

Signore, sei stato per noi un rifugio

Sanctus

Agnus Dei

Vovete et reddite Domino

Hai dato un cibo à noi

Ich schicke ihn zu dir zurück, ihn, das bedeutet mein eigenes Herz. Ich würde ihn gern bei mir behalten, damit er mir an deiner Stelle dient, solange ich um des Evangeliums willen im Gefängnis bin. Aber ohne deine Zustimmung wollte ich nichts tun. Deine gute Tat soll nicht erzwungen, sondern freiwillig sein. Denn vielleicht wurde er nur deshalb eine Weile von dir getrennt, damit du ihn für ewig zurückerhältst, nicht mehr als Sklaven, sondern als weit mehr: als geliebten Bruder. Das ist er jedenfalls für mich, um wie viel mehr dann für dich, als Mensch und auch vor dem Herrn. Wenn du dich mir verbunden fühlst, dann nimm ihn also auf wie mich selbst!

Wer nicht sein Kreuz trägt, kann nicht mein Jünger sein

Evangelium: Lukas 14

In jener Zeit, als viele Menschen Jesus begleiteten, wandte er sich an sie und sagte: "Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein. Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen?

Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertig stellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten und sagen: ‚Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen.‘

Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, so lange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden.

Darum kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet."

Jesus nachzufolgen verlangt Radikalität und Mut

Predigt des Papstes

Wer begreift, was der Herr will?Diese Frage aus dem Buch der Weisheit, die wir in der ersten Lesung gehört haben, stellt uns unser Leben als ein Geheimnis vor Augen, dessen Interpretationsschlüssel wir nicht besitzen. Die Protagonisten der Geschichte sind immer zwei: Gott auf der einen Seite und die Menschen auf der anderen. Unsere Aufgabe besteht darin, den Ruf Gottes wahrzunehmen und dann seinen Willen anzunehmen. Um ihn aber ohne Zögern anzunehmen, fragen wir uns: Was ist Gottes Wille in meinem Leben?

Im selben Abschnitt aus dem Buch der Weisheit finden wir die Antwort: „Die Menschen lernten, was dir gefällt.“ Um den Ruf Gottes zu prüfen, müssen wir uns fragen und begreifen, was ihm gefällt. Viele Male verkünden die Propheten, was dem Herrn wohlgefällig ist. Ihre Botschaft findet eine wunderbare Zusammenfassung in dem Satz: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer.“ Gott gefällt jedes Werk der Barmherzigkeit, denn in dem Mitmenschen, dem wir helfen, erkennen wir das Angesicht Gottes, das niemand sehen kann. Jedes Mal, wenn wir uns den Bedürfnissen der Brüder und Schwestern zuneigen, haben wir Jesus zu essen und zu trinken gegeben, haben wir den Sohn Gottes bekleidet, unterstützt und besucht.

Wir sind also aufgerufen, konkret umzusetzen, was wir im Gebet erbitten und im Glauben bekennen. Es gibt keine Alternative zur Nächstenliebe: Alle, die sich in den Dienst der Mitmenschen stellen, lieben Gott, selbst wenn sie es nicht wissen. Das christliche Leben besteht jedoch nicht bloß darin, im Moment der Not Hilfe zu leisten. Wenn es so wäre, handelte es sich gewiss schon um eine schöne Gesinnung menschlicher Solidarität, die eine unmittelbare Wohltat auslöst, aber es wäre steril, weil es keine Wurzeln hätte. Der Einsatz, den der Herr verlangt, ist dagegen eine Berufung zur Nächstenliebe, mit der jeder Jünger Christi sein Leben in Jesu Dienst stellt, um jeden Tag in der Liebe zu wachsen. Im Evangelium haben wir gehört: „Viele Menschen begleiteten ihn.“ Heute sind diese „vielen Menschen“ vertreten durch die weite Welt des Volontariats, die aus Anlass des Jubiläums der Barmherzigkeit hier zusammengeströmt ist. Ihr seid jene Menschenmenge, die dem Meister folgt und seine konkrete Liebe zu jedem Menschen sichtbar macht. So richte ich an euch die Worte des Apostels Paulus: „Es hat mir viel Freude und Trost bereitet, dass durch dich, Bruder, und durch deine Liebe die Herzen der Heiligen ermutigt worden sind.“ Wie viele Herzen werden durch die freiwilligen Helfer ermutigt! Wie viele Hände unterstützt, wie viele Tränen getrocknet; wie viel Liebe wird im verborgenen, demütigen und selbstlosen Dienst ausgegossen! Dieser lobenswerte Dienst lässt den Glauben sprechen und drückt die Barmherzigkeit des himmlischen Vaters aus, der den Notleidenden nahekommt.

Jesus nachzufolgen ist ein ernstes und zugleich frohes Unterfangen; es verlangt Radikalität und Mut, um den göttlichen Meister im Ärmsten zu erkennen und ihm zu Diensten zu sein. Darum erwarten die Freiwilligen, die aus Liebe zu Jesus den Letzten und Bedürftigsten dienen, keinerlei Dank und keinen Lohn, sondern verzichten auf all das, weil sie die wahre Liebe entdeckt haben. Wie der Herr im Moment der Not auf mich zugekommen ist und sich mir zugeneigt hat, so gehe auch ich auf ihn zu und neige mich denen zu, die den Glauben verloren haben oder leben, als gäbe es Gott nicht. Ebenso widme ich mich den jungen Menschen ohne Werte und Ideale, den Familien in einer Krise, den Kranken und Gefangenen, den sich selbst überlassenen Minderjährigen wie auch den alleingelassenen alten Menschen. Wo immer eine ausgestreckte Hand um Hilfe bittet, um wieder aufzustehen, da müssen unsere Gegenwart und die Gegenwart der Kirche Unterstützung und Hoffnung geben.

Mutter Teresa war in ihrem ganzen Leben eine großherzige Ausspenderin der göttlichen Barmherzigkeit, indem sie durch die Aufnahme und den Schutz des menschlichen Lebens – des ungeborenen wie des verlassenen und ausgesonderten – für alle da war. Sie setzte sich für den Schutz des Lebens ein und betonte immer wieder, dass „der ungeborene Mensch der schwächste, der kleinste und der ärmlichste ist“. Sie beugte sich über die Erschöpften, die man am Straßenrand sterben ließ, weil sie die Würde erkannte, die Gott ihnen verliehen hatte. Sie erhob ihre Stimme vor den Mächtigen der Welt, damit sie angesichts der Verbrechen der Armut, die sie selbst geschaffen hatten, ihre Schuld erkennen sollten. Die Barmherzigkeit war für sie das Salz, das jedem ihrer Werke Geschmack verlieh, und das Licht, das die Dunkelheit derer erhellte, die nicht einmal mehr Tränen hatten, um über ihre Armut und ihr Leiden zu weinen. Ihre Mission in den Randzonen der Städte und den Randzonen des Lebens bleibt in unserer Zeit ein beredtes Zeugnis für die Nähe Gottes zu den Ärmsten der Armen. Heute übergebe ich diese beispielhafte Gestalt einer Frau und einer gottgeweihten Person der ganzen Welt des Volontariats: Möge sie euer Vorbild an Heiligkeit sein! Diese unermüdliche Arbeiterin der Barmherzigkeit helfe uns, immer besser zu begreifen, dass das einzige Kriterium für unser Handeln die gegenleistungsfreie Liebe ist, die unabhängig von jeder Ideologie und jeder Bindung ist und sich über alle ergießt, ohne Unterscheidung der Sprache, der Kultur, der Ethnie oder der Religion.

Mutter Teresa sagte gern: „Vielleicht spreche ich nicht ihre Sprache, aber ich kann lächeln.“ Tragen wir ihr Lächeln in unserem Herzen und schenken wir es allen, denen wir auf unserem Weg begegnen, besonders den Leidenden. Auf diese Weise werden wir einer entmutigten Menschheit, die Verständnis und Zärtlichkeit braucht, Horizonte der Freude und der Hoffnung eröffnen.

Näheres über die MissionarInnen der Nächstenliebe

www.orden-online.de

Kontakt

gottesdienst@orf.at

Moderation

Christoph Riedl-Daser
Mathilde Schwabeneder
Paul Michael Zulehner
Johannes Karner
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Redaktion

Thomas Bogensberger