Krippenspiel mit verkleideten Kindern am Altar

epd Marco Uschmann

„Freude kommt in jedes Haus“

Der ORF feierte den Heiligen Abend mit der traditionellen Evangelischen Christvesper, diesmal mit der Gemeinde der Grazer Kreuzkirche und deren Pfarrer Paul Nitsche. Die Kinder der Pfarrgemeinde spielten die Ankunft des Herrn nach.

‚Tannenduft und Engelshaar‘ - das Adventprojekt gegen Altersarmut in der Evangelischen Kreuzkirche in Graz. Mitten aus der fröhlichen Weihnachts-Atmosphäre mit Weihnachtsevangelium und Krippenspiel der Kindergruppe kam diese Christvesper.

Freude, die allem Volk widerfahren wird

Evangelium: Lukas 2

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.

Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen,
und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

MUSIK

Engel singen Jubellieder

O du fröhliche

In dulci jubilo

Stille Nacht, heilige Nacht

Grazer Keplerspatzen

Leitung: Ulrich Höhs

Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen,
die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: „Lasst uns nun gehen gen Betlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.“ Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

Not erkennen

Predigt

Liebe Gemeinde, habt ihr den ersten Wirt gesehen? Das ist bestimmt ein tüchtiger Mann. Er weiß was er will. Innerhalb von Sekunden erfasst er die Situation vor seiner Haustüre. Ein von einer langen Reise abgekämpftes Paar ist da. Sie – ist drauf und dran ein Kind zu bekommen. Er – ist planlos. Neun Monate haben sie Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Die beiden haben sich das schlecht überlegt. Sie haben nicht gebucht. Und nun stehen sie ohne Quartier da.

Soll er nun für die Dummheit der anderen herhalten? Das kommt für ihn nicht in Frage. Noch bevor die Türe richtig offen ist, steht seine Entscheidung fest. Er hat in seinem Leben keinen Platz für Leute, die Schwierigkeiten machen. Sie bringen nur alles durcheinander. Das kann er jetzt gar nicht brauchen. Für ihn ist ganz klar, wie er sich da zu verhalten hat: Keine Zeit verlieren. Rasch die Türe zu. Und wieder an die Arbeit. Die Gäste warten.

Liebe Gemeinde – in unserer Welt werden solche Leute gesucht. So klar und entschlossen und pflichtbewusst. Das ist großartig! Mit denen kann man etwas erreichen. Wer solche Mitarbeiter hat – der ist vorne dabei.

So sieht die eine Seite aus.

Und die andere Seite?

Maria und Josef haben sich die Volkszählung des Kaisers nicht ausgesucht.
Die Bibel berichtet auch, dass Josef und Maria nicht einmal für das Kommen des Kindes verantwortlich sind. Trotzdem stehen sie da – in Bethlehem – vor verschlossenen Türen. Nach tagelangem Eselsritt beginnen die Wehen der Geburt.
Die Not ist groß. In so einer Situation wiegt Ablehnung besonders schwer.

Zum Glück hat das die Frau des zweiten Wirtes gesehen. „Die Frau ist ja hoch schwanger.“ Das ist das erste Wunder: Jemand erkennt die Not der beiden Herbergssuchenden. Weil die gute Wirtsfrau die beiden draußen in ihrer Schwachheit sieht, steht sie vor der Entscheidung: Entweder die Verantwortung für die Gäste im Haus oder Barmherzigkeit an der schwangeren Frau. Not macht erfinderisch. So lautet zumindest ein Sprichwort. Beides, Verantwortung UND Barmherzigkeit werden möglich.

Das ist das zweite Wunder: Der Stall. Mitten in der größten Not – wie gottgegeben kommt die Idee. Im Stall ist es warm. Die Tiere sind friedlich. Da ist Platz. Immerhin ein Stall. So wird aus einem Stall eine Geburtenstation. Für die Geburt des Heilands reicht es alle mal.

Die Hirten – sie stehen beim Evangelisten Lukas für die Außenseiter der Gesellschaft. Das sind die, denen es nicht gegeben war, mehr aus ihrem Leben zu machen. Von Kultur und Gesellschaft sind sie ausgeschlossen. Wenn gefeiert wird … – sie werden nie eingeladen.

Das ist das dritte Wunder: Gott will den Menschen eine Freude machen. Er kommt zu ihnen. Die Außenseiter, die sonst oft vergessen werden, erfahren auf wunderbare Art und Weise als erste davon. Warum das so ist – das erzählt die Bibel nicht. Aber ein bisschen nachvollziehbar ist das schon. Der Wirt steht für viele, die heuer Weihnachten feiern wollen. Der Wirt hat gar keine Zeit für die gute Nachricht. Er ist mit den Gästen und seinen Verpflichtungen beschäftigt. Die Engel haben in seinem Leben keinen Landeplatz.

Die Hirten hingegen stehen für arme Menschen, auch heute noch. Sie sind offen und hoffen: Hoffen auf Hilfe – von Menschen, die ihre Not sehen. Hoffen auf Licht in ihr Leben, vielleicht durch Engel. Hoffen auf Gott, der ihnen nahe sein möchte. Das ist das vierte Wunder: Die Freude kommt bei den Hirten an. So geht die Weihnachtsgeschichte. Die Hirten werden bewegt und ziehen los, voll Energie und Freude.

Das Sozialengangement der Gemeinde

Volksgarten-Drehscheibe und Community Policing der Pfarre ist der Volksgarten. Er liegt vor der Haustür, und so lassen die Probleme dort niemanden kalt. Die eigenen Möglichkeiten für die Evangelische Pfarrgemeinde sind begrenzt, doch zusammen mit der Volkgarten-Drehscheibe und Community Policing ist es hoffentlich möglich, ein Teil dazu beizutragen, dass es allen hier lebenden Menschen besser geht.

angeschneite Grazer Kreuzkirche von außen in der Dämmerung

Bernd Grosseck

Die Kreuzkirche

Seit 2014 können Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch ein Netz von Freiwilligen Deutsch lernen. Organisiert und betrieben wird dies vom Verein Sicher Leben. Damit wurde ein Angebot auf die Beine gestellt, das auf großes Bedürfnis traf. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler wuchs auf über 300, und sie haben 50 ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer. Dafür wurden die Räume der Kreuzkirche zu klein. Unter dem Titel „Weichenstellwerk“ wurde in den Räumlichkeiten der Holding Graz in der Steyrergasse ein Raum gefunden, in dem das Angebot der Sprachkurse weitergeführt werden kann und gleichzeitig Raum für Kurse über Leben in Österreich ist.

An der Außenmauer

Seit 2014 entsteht jedes Jahr ein neues Graffiti an der Kirchemauer. Es erzählt eine Geschichte, die von hinten aufgerollt wird. Und wie immer in der Kunst gibt es nicht nur eine einzige Interpretation - das Werk ist vielschichtig und will immer wieder neu entdeckt werden.

Aktuelles in der Gemeinde

www.kreuzkirche-graz.at

Kontakt

Evangelische Pfarrgemeinde Kreuzkirche
Mühlgasse 43
8020 Graz
Österreich

gottesdienst@orf.at

Redaktion und Bildregie

Thomas Bogensberger