„Ein Stück Heimat in der Fremde“

Ein Streifzug durch das armenische Wien: Gleich hinter dem Volkstheater in Wien befindet sich – gut versteckt – eines der wichtigsten Zentren armenischer Kultur weltweit: Das Kloster der „Mechitaristen“, armenische Mönche – die 1805 in Wien eine neue Heimat gefunden haben.

„Ein Volk ohne Staat“ – das waren die Armenierinnen und Armenier schon seit dem Mittelalter. Die Religion, die Kirche, war und ist für sie immer ein Stück Heimat in der Fremde gewesen, ein Kristallisationspunkt nationaler Identität in der Diaspora und eine Bewahrerin der armenischen Kultur.

Armenische Gemeinde seit Maria Theresia

Im Gedenken an die schweren Verfolgungen vor genau 100 Jahren lädt MEMO zu einem Streifzug durch das Mechitaristenkloster ein – aber auch zur armenischen Pfarrkirche St. Hripsime. Sie liegt ebenfalls ein wenig außerhalb der Wiener Innenstadt – beim Radetzkyplatz im Bezirk Landstraße. Anders als die katholischen Mechitaristen-Mönche gehört die Gemeinde St. Hripsime zur Armenisch-Apostolischen Kirche, deren Weg sich schon im 5. Jahrhundert, beim Konzil von Chalzedon, von dem der anderen christlichen Kirchen getrennt hat. Gemeinsam ist ihnen aber der Gottesdienst in alt-armenischer Sprache – und auf kleine konfessionelle Unterschiede wird unter Armeniern wenig Wert gelegt.

Memo
Montag, 25.5.2015, 19.05 Uhr, Ö1

Eine armenische Gemeinde in Wien gibt es schon mehr als 200 Jahre, seit den Tagen von Kaiserin Maria Theresia. Angeblich waren es auch armenische Kaufleute (und nicht etwa „die Türken“), die den Kaffee nach Wien gebracht haben. Die Armenisch-Apostolische Kirche gilt als eine der ältesten christlichen Kirchen der Welt: Bereits im Jahr 301 wurde im damaligen armenischen Reich das Christentum zur Staatsreligion erhoben.

Literarisches Denkmal von Franz Werfel

Das Mechitaristenkloster ist es nicht nur für seinen Klosterlikör „Mechitharine“ bekannt, sondern auch für seine Bibliothek, mit seltenen Handschriften und alten Drucken. Das Kloster beherbergt aber auch wertvolle Landkarten und eine 20.000 Stück umfassende Münzsammlung. Im Lesesaal der Bibliothek hat Franz Werfel an seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ gearbeitet, mit dem er dem Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern vor 100 Jahren ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Ende 1933 erschienen, wollte Franz Werfel sein Werk bewusst als Warnung an sein eigenes, an das jüdische, Volk verstanden wissen.

Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges, mitten in der schlimmsten Verfolgung in ihrer an Verfolgungen reichen Geschichte, erkämpften sich die Armenierinnen und Armenier wieder einen eigenen, kleinen, von allen Seiten bedrängten Staat – der sich freilich schon nach wenigen Jahren der Sowjetunion anschließen musste. Erst seit 1991 gibt es wieder ein unabhängiges Armenien.

Gestaltung: Markus Veinfurter

Memo 25.5.2015 zum Nachhören:

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