Ein mutiges Trio: Barbara Issakides, Franz Josef Messner, Kaplan Heinrich Maier

Die junge Pianistin wurde gefeiert. „Die Künstlerin war eine neue Erscheinung im Konzertsaal. Sie hat Begeisterung erweckt und verfügt über eminente Begabung.“ So die Hymne eines Kritikers. Man schrieb das Jahr 1943.

Gedanken für den Tag 29.10.2015 zum Nachhören:

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Was der Rezensent nicht wusste, war das zweite, das verborgene Leben der Künstlerin. Barbara Issakides, so hieß die Pianistin, war eine Botin. Sie transportierte geheime Informationen zu den Alliierten. In der Terminologie des Dritten Reiches war sie: eine Hochverräterin.

Kurt Scholz Zukunftsfond Republik Österreich Stadtschulratspräsident

ORF/Ursula Hummel-Berger

Kurt Scholz ist Vorsitzender des Zukunftsfonds der Republik Österreich und ehemaliger Stadtschulratspräsident.

In Wien-Währing hatte sie den jungen, charismatischen Kaplan Heinrich Maier kennengelernt, einen entschiedenen NS-Gegner. Der wiederum hatte mit dem Direktor der Semperit-Werke, Franz Josef Messner, einen Kontakt hergestellt. Bald bildeten die Drei ein Trio, der Kaplan, der Fabriksdirektor und die junge, gefeierte Pianistin. Sie suchten Kontakt zu den Alliierten und wollten erreichen, dass bei den beginnenden Bombardements die Zivilbevölkerung geschützt werde.

Doch wie den Kontakt herstellen? Barbara Issakides durfte als Künstlerin - begrenzt - ins Ausland fahren. So etwa in die Schweiz. Wenige Monate nach dem von der Partei-Presse umjubelten Konzert saßen sie und Franz Josef Messner in Zürich Allen Dulles, dem Chef des US-Nachrichtendienstes, gegenüber. Sie übergaben kriegswichtige Unterlagen, Lageskizzen von Waffenfabriken, und von zivilen Zielen, die es zu verschonen galt.

Was Messner, Maier und Barbara Issakides nicht wussten war, dass ihnen die Gestapo auf den Fersen war. Messner, der Semperit-Generaldirektor, wurde in Budapest in eine Falle gelockt, Kaplan Maier nach einer Messe in Wien Gersthof verhaftet. Die Verhöre waren eine Tortur, der Prozess eine Farce. Die Todesurteile standen im Voraus fest. Ein Gnadengesuch von Kardinal Innitzer nach Berlin landete im Papierkorb.

Kaplan Heinrich Maier wurde am letzten Hinrichtungstag im Wiener Landesgericht enthauptet. Franz Josef Messner vier Wochen später, als einer der letzten Gefangenen, in Mauthausen vergast.

Barbara Issakides überlebte. Nach der Befreiung trat sie weiterhin als Pianistin auf, im Wiener Konzerthaus, in London, im Musikverein. Über ihre Rolle bei der katholischen Widerstandsgruppe Maier-Messner-Caldonazzi sprach sie öffentlich kaum. 2011, vor 4 Jahren, ist sie 97-jährig verstorben.

Musik:

Alfred Brendel/Klavier: „Allegro moderato - 1.Satz“ aus: „Sonate für Klavier Nr. 47 in h-moll Hob. XVI/32“ von Joseph Haydn
Label: Philips 4122282