Rosch haSchana - Nicht nur ein Neujahrstag

Wir wollen von der Heiligkeit dieses Tages erzählen“ – so beginnt ein eindringliches Gebet, das Jüdinnen und Juden am Nachmittag von Rosch haSchana, dem Neujahrsfest, beten. Das „uNetanneh Tokef“ wird Kalonymus ben Meschullam zugeschrieben, der im elften Jahrhundert der Zeitrechnung von Kreuzfahrern in den Selbstmord getrieben wurde.

Gedanken für den Tag 18.9.2017 zum Nachhören:

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Das Gebet handelt nicht nur von Gottes königlicher Herrschaft. Es erinnert auch an die unterschiedlichen Schicksale, die Menschen im kommenden Jahr ereilen werden. Manche kommen zu Wohlstand, andere verarmen. Manche werden sicher und in Ruhe sein können, während andere gequält und rastlos sind. Viele werden umkommen – durch Feuer, Wasser, wilde Tiere, Hunger, Durst…

Sarah Egger
ist Geschäftsführerin des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Doch durch Umkehr...

Bei der Aufzählung verschiedener Möglichkeiten, zu Tode zu kommen, fällt mir auf, dass für mich als Europäerin manche dieser Schicksale weniger wahrscheinlich sind als andere. Hinrichtung etwa – es ist ein Segen, in einem Land ohne Todesstrafe zu leben. Seuchen, Hunger und Durst sind seit ein paar Jahrzehnten kaum mehr Bestandteil eines westlichen Lebens. Aber das Gebet erinnert daran, dass das eine privilegierte Position ist.

Nach diesem Absatz heißt es: „Doch durch Umkehr, Gebet und gute Taten kann die Härte unseres Schicksals verwandelt werden.“ Für mich kann Umkehr auch bedeuten, mehr zu beten. Das Gebet wiederum erinnert mich an die Privilegien, die ich genieße. Die Erkenntnis drängt mich dazu, zu handeln und zu tun, was immer in meiner Macht steht: international solidarisch zu sein, Menschen zu unterstützen und die Folgen meines Handelns und meines Lebensstils zu bedenken.

Musik:

Leonard Cohen: „WHO BY FIRE"
Label: CBS 69087