„Meister des Unfertigen“

Zum 100. Todestag von Auguste Rodin: „Sein Leben ist eines von denen, die sich nicht erzählen lassen. Dieses Leben hat begonnen und es geht, es geht tief in ein großes Alter hinein.“

Gedanken für den Tag 20.11.2017 zum Nachhören:

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Mit philosophisch-rätselhaften Worten versuchte der Dichter Rainer Maria Rilke die Biografie des Jahrhundertbildhauers Auguste Rodin einzufangen, ohne wirklich etwas von dessen Leben preiszugeben. Für Rilke war Rodin eine Art Vaterfigur. Als sein Sekretär bewunderte der Dichter vor allem Rodins künstlerische Schaffenskraft.

Wenn ich an Rodin denke, so sehe ich, geprägt von den wenigen schwarzweißen dokumentarischen Filmaufnahmen, die es von ihm gibt, den manischen Bildhauer mit langem Bart vor mir. Den Künstler, der legendäre Meisterwerke wie „Der Kuss“, „Der Denker“ oder „Die Bürger von Calais“ hervorbrachte.

Johanna Schwanberg
ist Leiterin des Dom Museum Wien

Gegen den Wind

Auch 100 Jahre nach Rodins Tod ist es schwierig, dem Menschen hinter dem Bildhauer wirklich näherzukommen. Selbst wenn zahlreiche Legenden und Episoden rund um Rodins Frauengeschichten und Liebschaften kursieren, die in Büchern und Filmen ausgeschlachtet wurden. Im Zentrum steht hier die leidenschaftliche Affäre zu seiner Schülerin, der fantastischen Bildhauerin Camille Claudel, die nach der Trennung mit dem 24 Jahre älteren Meister Jahrzehnte in einer psychiatrischen Anstalt verbrachte. Oder die oft belächelte Beziehung zur Schneiderin Rose Beuret, die Rodin ein Leben lang treu zur Seite stand. Der Bildhauer heiratete sie erst einen Monat vor ihrem Tod als über 75-Jähriger, obwohl er bereits einen erwachsenen Sohn mit ihr hatte.

Klar ist, dass Rodins Leben von Beginn an um die Kunst kreiste. 1840 als Sohn eines Pariser Polizeibeamten geboren, besuchte er bereits früh eine Schule für Mathematik und Zeichnen. Später erhielt er an der sogenannten „Kleinen Schule“ eine Ausbildung für Kunstschmiede, Uhrmacher und Holzarbeiter. Drei Mal versuchte Rodin vergeblich an der Grande Écoles des Beaux-Arts aufgenommen zu werden. Jedes Mal wurde er abgelehnt und gab dennoch nicht auf. Eine Überzeugung von sich selbst, die tagtäglich vorbildhaft sein kann. Nämlich dann, wenn einem der Wind wieder einmal entgegenbläst und nicht alles so verläuft, wie man sich das oft erträumt.

Musik:

Miller Bigband Orchestra: „April in Paris“ von Vernon Duke
Label: Accord 139005