Von der Zeit

Sie sind eine Art Niemandsland, diese Tage zwischen Weihnachten und Neujahr, eine Zeit zum Durchatmen, zum Innehalten, zur Rück- und zur Vorschau. Vielleicht sind diese Tage auch eine Art Pufferzone, denn den harten Aufprall von Jahr auf Jahr ertragen wir – allen Silvesterfeiern zum Trotz – gar nicht so gut.

Gedanken für den Tag 28.12.2017 zum Nachhören:

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Und ein Astronom sagte: Meister, was ist mit der Zeit?

Und er antwortete: Ihr wollt die Zeit messen, die maßlose und unermessliche. Nach Stunden und Jahreszeiten wollt ihr euren Wandel richten und sogar den Lauf des Geistes lenken. Aus der Zeit wollt ihr einen Strom machen, an dessen Ufer ihr sitzt und zuschaut, wie er fließt.

Inge Maux,
Schauspielerin, liest die Texte

Doch das Zeitlose in euch ist sich der Zeitlosigkeit des Lebens bewusst. Und es weiß, dass Gestern nichts anderes ist als die Erinnerung von Heute und Morgen der Traum von Heute. Und das, was in euch singt und sinnt, immer noch innerhalb der Grenzen jenes ersten Augenblicks weilt, der die Sterne in den Weltraum schleuderte.

Wer unter euch fühlt nicht, dass seine Kraft zu lieben grenzenlos ist? Und wer fühlt dennoch nicht, dass die Liebe, obgleich grenzenlos, im Kern seines Seins eingeschlossen ist und nicht von Liebesgedanken zu Liebesgedanken oder von Liebestat zu Liebestat zieht? Und ist nicht die Zeit wie die Liebe, ungeteilt und ungezügelt?

Doch wenn ihr in eurem Denken die Zeit in Jahreszeiten messen müsst, lasst eine jede Jahreszeit all die anderen umfassen, und lasst das Heute die Vergangenheit mit Erinnerung umschlingen und die Zukunft mit Sehnsucht.

Buchhinweis:

Khalil Gibran, „Der Prophet“, Verlag Patmos

Musik:

„J’y suis jamais alle“ aus: LE FABULEUX DESTIN D’AMELIE POULAIN / Original Filmmusik von Yann Tiersen
Label: Ici d’ailleurs/Labels/Virgin 3810982