Jahreswende 1977/78

Sie sind eine Art Niemandsland, diese Tage zwischen Weihnachten und Neujahr, eine Zeit zum Durchatmen, zum Innehalten, zur Rück- und zur Vorschau. Vielleicht sind diese Tage auch eine Art Pufferzone, denn den harten Aufprall von Jahr auf Jahr ertragen wir – allen Silvesterfeiern zum Trotz – gar nicht so gut.

Gedanken für den Tag 30.12.2017 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Alles in allem ein sehr wichtiges Jahr meines Lebens: ich habe etwas gelernt, vielmehr, mir wurde endlich etwas gewährt, was ich lange ersehnte: den Ich-Verlust. Schon mag ich nichts mehr aufschreiben, was dieses Ich betrifft, aber ich muss es noch tun, ich muss noch eine Weile ICH sagen, statt WIR oder ER.

Inge Maux,
Schauspielerin, liest die Texte

In der Silvesternacht bei Ingeborg und Michael, als es zwölf schlug und wir alle uns zutranken und uns umarmten, hatte ich plötzlich den heftigsten Wunsch, mich nicht in dieses neue Jahr mithineinziehen zu lassen. Bitte, kein neues Jahr mehr, keine Zeit mehr. Ich will das ganz andere: die Nicht-Zeit, den Nicht-Raum, das Nicht-Ich. Bitte lasst mich abspringen vom Rad!

Aber dann, allein am Fenster stehend, die vielen Lichter in der Ebene, die Küste vorgelagert, anschauend, kam mir jenes Gebet in den Sinn, das ich früher mit den Kindern betete bei der Jahreswende:

In ihm sei’s begonnen,
Der Monde und Sonnen
An blauen Gezeiten
Des Himmels bewegt!
Du, Vater, du rate!
Lenke du und wende!
Herr, dir in die Hände
Sei Anfang und Ende,
Sei alles gelegt!
(Mörike)

Buchhinweis:

Luise Rinser, „Kriegsspielzeug“, Fischer Verlag

Musik:

„La Valse d’Amelie“ < Klavierversion > aus: DIE FABELHAFTE WELT DER AMELIE / Original Filmmusik von Yann Tiersen
Label: Ici d’ailleurs/Labels/Virgin 3810982