Germanist oder Theologe

Nach der Matura im Jahre 1938 wollte Reinhold Stecher, wie sein Vater, Germanistik studieren. Die Erlebnisse während des Reichsarbeitsdienstes, den jeder junge Erwachsene seit 1935 im nationalsozialistischen Reich leisten musste, änderte jedoch seine Entscheidung zugunsten der Theologie.

Gedanken für den Tag 31.1.2018 zum Nachhören:

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„Ich war 17 Jahre alt und ging neun Monate durch diese Schule, die im Wesentlichen darin bestand, mit Schleiferei und Drill das Denken möglichst auszuschalten. Für uns gab es eine einzige Abwehrkraft gegen diesen Wahnsinn: den Glauben.“

Martin Kolozs
ist Philosoph und Schriftsteller. Die Biografie „Bischof Reinhold Stecher: Leben und Werk“ ist im Styria-Verlag erschienen.

Das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen

Während des Studiums und der Zeit im Priesterseminar wurde Reinhold Stecher, der sich an der Organisation einer verbotenen Wallfahrt nach Maria Waldrast beteiligt haben soll, von der Gestapo verhaftet und nach Wochen der Verhöre und des Sträflingsdaseins beinahe ins KZ abtransportiert; nur das Eingreifen des damaligen Innsbrucker Bischofs Paulus Rusch hatte dies noch rechtzeitig verhindert. Dennoch verstand Reinhold Stecher sich nie als Widerstandskämpfer oder gar als Held. Diese Bezeichnungen ließ er nur für andere gelten, etwa für Otto Neururer, einem Tiroler Priester, der als Märtyrer im KZ Buchenwald umgekommen war und 1997 in Rom selig gesprochen wurde.

Für ihn, der sein Katechet in der Volksschule gewesen war, hegte Reinhold Stecher zeitlebens größte Bewunderung. Aber es war nicht das Heiligmäßige, das er an diesem neuen Seligen so verehrte, sondern ganz im Gegenteil das „Außergewöhnliche im Gewöhnlichen“, denn Otto Neururer war ein Mann von ganz einfachem Zuschnitt. Dass er dennoch für seine Überzeugung eingestanden war, als es notwendig wurde, machte ihn für Reinhold Stecher zu einem Vorbild für alle, die wir als Menschen ebenfalls Schwächen und Unzulänglichkeiten haben, aber dennoch dazu berufen sind, Gutes zu tun und Schlechtes zu verhindern.

Musik:

Albert Bolliger/Orgel: „Es gieng ain man den berg uff“ von Hans Buchner
Label: Ex libris 6064