Gehirn-Apps

Wenn wir vom Transzendentalen sprechen - ist das nicht die Feuerbach‘sche Leinwand, auf die wir unsere Sorgen, Nöte und Sehnsüchte projizieren und dann auch einen Weltenbaumeister erdichten?

Gedanken für den Tag 26.5.2018 zum Nachhören:

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Zu dieser Hypothese gibt es aber auch eine andere, eine Gegenhypothese: denn die Projektionswand hat nicht nur eine Seite, sondern auch eine Rückseite und die könnte sehr wohl – völlig unabhängig von uns – von außen - gefüllt werden, was dann auf uns weitergeben wird.

Denn: Sowohl unser Körper, wie auch unser Geist - beide reflektieren. Nicht wir schaffen uns die Wirklichkeit oder die Vorstellung eines Schöpfers, sondern die Wirklichkeit – die primär uns umgibt - schafft uns, unser Genom, unser Bewusstsein und auch unsere Gedanken.

Gottes eigene Kraft

Jeder Ort, den wir sehen, jeder Moment, den wir erleben, bekommt in unserem Gehirn eine eigene neuronale App - und diese Apps machen in ihrer Gesamtheit unser Bewusstsein aus, das von außen bestimmt ist.

Johannes Huber
ist Mediziner und katholischer Theologe. Sein Buch „Der holistische Mensch. Wir sind mehr als die Summe unserer Organe“ ist in der edition a erschienen.

Das Denken ist nicht Erfindung von realen oder irrealen Möglichkeiten, sondern Denken ist Teilhaben am Wirklichen. Wir denken in Kausalitätskategorien, weil unsere mesokosmische Welt kausalitätsbestimmt ist – unsere biologischen Reaktionen gehorchen der Schwerkraft – weil diese die Entstehung und die Entwicklung des Lebens formte. Jedes Lebewesen spiegelt in seinem circadianen Rhythmus den Lauf der Sonne wieder, die diesen von außen prägte und für den Weltenbaumeister könnte Gleiches gelten – gäbe es ihn nicht, wir hätten von ihm keine begriffliche Ahnung.

Hat er das Subjekt nicht nach seinem Ebenbild gemacht? Denn dann ist die Sprache des Subjekts auch die Sprache seines Schöpfers - die Sprache des Transzendentalen.

Wär nicht das Auge sonnenhaft, es würde nie die Sonn erblicken
Wär nicht in uns des Gottes eigene Kraft
Wie könnt uns Göttliches entzücken? (J.W.Goethe)

Musik:

Ingo Goritzki/Oboe und Südwestdeutsches Kammerorchester unter der Leitung von Paul Angerer: „Allegro aperto - 1. Satz“ aus: „Konzert für Oboe und Orchester in C-Dur KV 314 (285d)“ von Wolfgang Amadeus Mozart
Label: Claves CD 50606