Bibelessay zu Genesis 12, 1 – 4a

Um den Glauben, um das Vertrauen auf Gott, geht es an diesem 5. Sonntag nach Trinitatis. Zu den gewichtigsten Abschnitten aus dem ersten Buch der Bibel gehört die Erzählung von Gottes Ruf an Abraham.

Schließlich richtet sich nach der sogenannten „Urgeschichte“, den Erzählungen, die die ganze Menschheit im Blick haben - und dabei vor allem vom Scheitern der Menschen berichten -, der Blick auf eine einzelne Person und deren weitere Geschichte. Es geht um Abraham (oder Abram, wie er an dieser Stelle noch heißt) und seine Gottesbeziehung und die seiner Nachkommen. Etwas ganz Neues beginnt damit, dass Gott spricht. So wie er einst gesprochen hat, ganz am Anfang, als er alles durch sein Wort ins Leben gerufen und so die Welt erschaffen hat.

Jutta Henner
ist evangelische Theologin, Bibelwissenschaftlerin und Leiterin der Österreichischen Bibelgesellschaft

Segen für alle Völker

Ganz unvermittelt spricht Gott zu Abraham und erhebt gleich einen Anspruch: Abraham soll aufbrechen, losgehen und alles hinter sich lassen, was ihn ausmacht: Seine Heimat, sein Umfeld und seine Verwandtschaft. Eine Zumutung. Abrahams Herkunftsfamilie war aus Ur im Zweistromland aufgebrochen und auf halber Strecke in Haran hängengeblieben. Sein Vater stirbt dort. Abraham selbst ist mit 75 Jahren bereits ein alter Mann; seine Ehe mit Sarah ist kinderlos geblieben.

Lebenskunst
Sonntag, 1.7.2018, 7.05 Uhr, Ö1

Gott mutet Abraham zu, Schutz und Geborgenheit hinter sich zu lassen und gegen eine ungewisse Zukunft einzutauschen. Ziel ist ein unbekanntes Land, das Gott Abraham zeigen will. Die göttliche Aufforderung zu Aufbruch und Neuanfang ist getragen von einer geradezu unglaublichen Verheißung: Segen in Fülle wird Abraham zugesagt. Aus seinen Nachkommen soll ein großes Volk werden, ja Abrahams Name soll bedeutend werden; Gottes Segen sei mit ihm und mit allen, die diesen Segen Abrahams anerkennen. Abraham soll zum Segen für alle Völker der Erde werden!

Vorbild für Vertrauen

Gleich fünf Mal ist vom „Segen“ die Rede. Die Verheißung göttlichen Segens ist allerdings gebunden an die Bereitschaft, auf Gott allein zu vertrauen und das Abenteuer des Glaubens zu wagen. Gott spricht und nichts bleibt wie es ist. Abraham sagt nichts. Er geht. Auf Gottes Wort hin wagt er den Schritt in Unsicherheit und Ungewissheit. Wann, wie und ob er überhaupt zu Nachkommen und Land kommen soll, weiß Abraham nicht. Zweifel werden seinem langen weiteren Weg als heimatloser Nomade begleiten. Doch: Gottes Segen ist ihm verheißen - unerschütterlich. Ihm, Abraham – und Isaak und Jakob, dem Volk und allen Völkern. Hören auf Gottes Wort und vertrauensvoll die eigene Berufung annehmen, sind dabei der erste Schritt.

Abraham – ein Vorbild für vertrauensvollen Glauben, der „eine feste Zuversicht dessen“ ist, „was man hofft und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht“, wie es der Brief an die Hebräer im Neuen Testament formulieren wird. (Hebr 11,1).