Über die Entfaltung des Menschen

Warum könnte es wichtig sein, im Jetzt und in der Gegenwart zu leben? Weil es offensichtlich nichts anderes gibt und sich nur jetzt die Möglichkeit bietet, eine Chance zu ergreifen.

Gedanken für den Tag 11.9.2018 zum Nachhören:

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Die griechische Mythologie beschreibt dieses Phänomen mit dem Gott kairos. Es geht um den rechten Augenblick. Der Gott kairos kommt auf leisen Sohlen auf den Menschen zu. Vorne am Kopf weht ein Haarschopf im Wind. Solange er auf mich zukommt, solange die Zukunft auf mich zukommt, kann ich die Gelegenheit beim Schopfe packen. Ist er vorbei, ist der Gott kairos am Hinterkopf kahl. Ich kann ihn nicht mehr festhalten. Die Gelegenheit ist vorbei, die Chance ist vertan. Oft ärgert man sich über eine vertane Chance. Das ist gut. Denn dann wird man wachsamer für den nächsten Augenblick.

Matthias Beck
ist katholischer Theologe und Medizinethiker

Noch aus einem anderen Grund ist es wichtig, im Jetzt zu leben und ganz da zu sein. Um aufmerksam wahrzunehmen, welchen Menschen man begegnet, was sie erzählen und was geschieht. Es ist gut, sich dabei auch selbst wahrzunehmen. Vieles vergisst man nicht, sondern man hat es gar nicht aufgenommen, weil man mit den Gedanken ganz woanders war, schon beim nächsten Gespräch, in der Vergangenheit, wo auch immer. Das wird sich nie ganz ausschalten lassen, aber vielleicht versuchen Sie es heute einmal, ganz da zu sein, im Jetzt, bei sich selbst und beim anderen. Das Leben wird reicher dadurch.

Musik:

Heinz Holliger/Oboe und Academy of St. Martin in the Fields unter der Leitung von Iona Brown: „Allegro - 4. Satz“ aus: Konzert für Oboe, Streicher und B.c. in e-moll von Georg Philipp Telemann
Label: Philips 4128792