Die Busfahrt

Ich bin eher ein ruhiger Typ. Und ich weiß schon, dass ich auf viele Menschen eher zurückhaltend und schüchtern wirke.

Gedanken für den Tag 12.10.2018 zum Nachhören:

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Vor meinem Freiwilligen Sozialen Jahr, in dem ich in einer WG für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen mitgearbeitet habe, hatte ich deshalb auch ein mulmiges Gefühl, wie wohl die Kinder auf mich reagieren würden. Vielleicht würden sie ja denken, bei mir können sie sich alles erlauben, weil sie meine Zurückhaltung als Angst oder Feigheit wahrnehmen.

Aber ich wollte mich auch nicht anders geben, als ich bin. Und das war, rückblickend, eine gute Entscheidung. Meine ruhige Art wurde nämlich von den Kindern respektiert und sogar wertgeschätzt. Vor allem an hektischen Tagen oder in Zeiten, in denen sie Ruhe brauchten, waren sie froh über meine Geduld.

Christine Kollegger
war Teilnehmerin am Freiwilligen Sozialen Jahr

Grenzen einhalten

Besonders in Erinnerung ist mir noch diese Busfahrt. Ich sollte mit dem Kleinbus drei Kinder in die WG bringen. Zwei davon hörten nicht auf zu streiten und haben angefangen, einander lauthals anzuschreien und zu beschimpfen. Ich hab den Kleinbus an einer Bushaltestelle an die Seite gelenkt und die Hupe einmal fest gedrückt. Dieses Geräusch hat die Kinder kurz aufgeschreckt und plötzlich herrschte Stille. Ich hab mich nach hinten gebeugt und mit etwas lauterer Stimme als sonst gesagt, dass sie ihre Diskussion entweder in normalem Ton führen sollen oder dass sie den restlichen Weg nach Hause zu Fuß gehen könnten. Bei so einem Lärm könnte ich mich nämlich nicht auf die Straße konzentrieren. Es blieb ruhig und ich fuhr weiter.

Das Kind, das neben mir am Beifahrersitz saß, fing plötzlich an zu grinsen und meinte zu mir: „Wenn Du einmal lauter wirst, dann wissen wir alle sofort, dass wir eine Grenze überschritten haben.“ Mit diesem Satz hat mir dieses Kind so viel Selbstsicherheit in meinem Tun geschenkt. Irgendwie ist mir dabei bewusst geworden, dass es gut ist, so wie ich bin.

Musik:

„Cape Canaveral“ von Conor Oberst
Label: Universal