Was hat das mit mir zu tun?

Gedenken an die November-Pogrome: Als die ersten Planungen für das Gedenkjahr 2018 begonnen haben, hat man wahrscheinlich nicht ahnen können, wie aktuell sich die zahlreichen Gedenkveranstaltungen für viele Menschen anfühlen würden. Wie brisant und breit diskutiert das Thema Nationalsozialismus sowie seine Aufarbeitung sein würden.

Gedanken für den Tag 5.11.2018 zum Nachhören:

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Doch viele Menschen stellen sich auch die Frage: „Was hat das mit mir zu tun?“ Diese Frage ist auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Vermittlungsarbeit an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Auf diese Frage gibt es sicher viele unterschiedliche Antworten, eine mögliche Antwort haben mir kürzlich zwei junge Mädchen gegeben, die dieses Jahr die Gedenkstätte besucht haben. Die beiden waren Teil einer Klasse, die nach einem ausführlichen Rundgang bei uns noch einen Workshop absolviert hat. Teil dieses Workshops war es, einen Ort auszusuchen, der einem besonders in Erinnerung bleiben würde.

Barbara Glück
ist Geschichts- und Politikwissenschaftlerin und Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Es beginnt am Hauptplatz

Die beiden haben sich den Appellplatz ausgesucht. Den großen Platz im Zentrum des KZs, an dem die Häftlinge zwei bis dreimal täglich stundenlange, sinnlose Exerzierübungen zu absolvieren hatten. Dazu kamen regelmäßige Misshandlungen durch Angehörige der SS und Kapos. Als ich die Mädchen gefragt habe, warum sie diesen Ort ausgewählt hatten, sagten sie: „Das hier war im übertragenen Sinn so etwas wie der Hauptplatz des KZs, an dem sich alle versammelten, an dem die Verbrechen ihren Anfang genommen haben.

Heute sind Hauptplätze genauso Orte, an denen sich alle versammeln, aber sie sind Orte der Freizeit, der Muße; Orte, an denen ich mit Freunden die Freiheit suche und mich dem Zugriff meiner Eltern oder der Schule entziehe. Wenn sich die Geschichte wiederholen sollte, dann beginnt das an unseren Versammlungsplätzen, unseren Hauptplätzen, wo man den Menschen mit einem Akt all das nehmen kann, was wir unter Freiheit verstehen.“

Musik:

„Heimat“ von Kurt Adametz
Label: ORF-Enterprise Musikverlag / ORF-E-CD0107