„Ihr habt mich aufgenommen“

Warten bedeutet, sich Zeit zu nehmen und sich mit jemandem, mit einer Sache, vertraut zu machen. Darum geht es heute in den Morgengedanken von Rotraud Perner.

Morgengedanken 4.12.2018 zum Nachhören:

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Advent – die Zeit bis zur Ankunft. Wenn man auf jemand wartet, muss man notgedrungen Zeit und Raum schaffen – sonst wartet man nicht sondern ist anderwärtig geschäftig.

Rotraud Angelika Perner
ist evangelische Theologin und niederösterreichische Hochschulpfarrerin im Ehrenamt

Nähe, Vertrauen und Zeit

Viele Menschen wünschen sich Gemeinschaft mit einem Partner, einer Partnerin, mit Kindern – und halten dafür weder Zeit frei noch Platz in der Wohnung, im Kleiderkasten oder im Badezimmer, und oft auch nicht im Herzen, und manchmal nicht einmal im Kopf, dort, wo die Wünsche und Fantasien zu Hause sind. Warten ist ein Wort mit vielfältiger Bedeutung: es umfasst auch das Hinausschieben, nicht nur der eigenen Tätigkeiten, von denen man weiß, dass sie wichtig wären – sondern auch der Erfüllung von Versprechungen.

Warten bedeutet jedoch auch pfleglich behandeln, und dementsprechend geduldig sein – zum Beispiel zu warten, bis jemand Langsamerer nachkommen kann, oder sich verständlich zu machen, wenn er oder sie nicht die gleiche Sprache beherrscht, oder nicht gleich gut sprechen kann ... Oder auch zu warten, bis die eigene Aggression abgeebbt ist und man wieder vernünftig denken kann. Gerade im Advent passt die Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie es bei uns ankommt, wenn etwas Fremdes – jemand Fremder – bei uns ankommt: Alles und jedes ist fremd, solange wir es uns nicht vertraut gemacht haben. Sich etwas vertraut zu machen braucht Nähe, Vertrauen und – Zeit.