Bibelessay zu Lukas 3, 1 – 6

Prophetische Stimmen sind leise geworden, kaum gesagt, werden sie meist zugedeckt, vergessen, oder überhaupt nicht wahrgenommen.

Die Botschaft, die gestern getwittert wurde, ist morgen bereis uralt und wahrscheinlich längst überholt, Nachrichten sind zu Kürzeln von Ereignissen geworden. Von dieser Atemlosigkeit des Lebens bleibt der Advent nicht verschont. Gehetzt, gestresst, getrieben, ein Termin jagt den anderen.

Pater Karl Schauer
ist Bischofsvikar in der Diözese Eisenstadt für die Bereiche Wallfahrtswesen, Tourismusseelsorge und Berufungspastoral

Der Rufer im Advent

Was ist wesentlich? Wer stiftet noch Bleibendes? Worauf, auf wen, warte ich? Die Adventzeit ist voller existenzieller Fragen, weil sie mit der Zukunft dieser Welt, mit meiner eigenen Zukunft und mit meiner Menschwerdung in Berührung kommt. Sehnsucht, Geduld, Reifen, Zweifel, Wachsam sein, Ausharren und Aushalten, das sind nur einige Grunddimensionen eines adventlichen Menschen - aber ein guter Anfang, um unaufgeregt meine unvollendete Lebenssymphonie weiter zu schreiben.

Der Rufer im Advent, Johannes der Täufer, ermutigt im Evangelium dieses Sonntags, ein adventlicher Mensch zu werden. Johannes, der letzte Prophet in der Zeit des Alten Bundes, lebt im Advent, im Warten auf das Kommen des verheißenen Messias. Es ist eine Umbruchszeit, eine dürftige Zeit ohne große Zukunftsperspektiven und ohne Gestalten, die eine Zukunft herbeiführen könnten - auch diese werden im Evangelium genannt. Nicht in den Metropolen, in den Zentren pulsierenden Lebens und auf den Umschlagplätzen politischer Macht, wird Zukunft begonnen, sondern in der Zumutung der Wüste.

Johannes, der nur der Wegweiser für den Kommenden ist, ruft in die Wüste hinein, Wirklichkeit für die Kargheit des Lebens und für die Fülle der Verheißung von Gott her.

Gott hat sich nicht aus dem Staub gemacht

Ich sehe, ohne es vereinfachend nachzeichnen zu wollen, Parallelen zum Heute, aber auch quer durch die Geschichte der Generationen. Ob es Gott gibt oder nicht, ist für viele Menschen völlig egal. Diese religiöse Apathie bestimmt das vorherrschende Bewusstsein. Der Gott Jesu Christi mischt sich im Menschgewordenen in die Geschichte der Menschen ein. Er selbst ist der Ohnmächtige, der Einsame, der Ausgelieferte, der Verwundbare. Er ist der sympathische Gott, der mit den Leidenden leidet, auf der Seite der Geschundenen steht, verletzlich ist und verkannt bleibt. Dieser Gott auf Augenhöhe kommt in dein und in mein Leben, er liefert sich uns aus, ohne uns Menschen auszuliefern und durch das Labyrinth des Lebens zu jagen. Dieser Gott bittet um Einlass, er drängt sich nicht auf, er zwingt nicht. Die weihnachtliche Wahrheit, die dieser Weltengeschichte eingeschrieben ist, lässt sich nicht verordnen wie ein Gesetz. Gott ist unaufdringlich und unscheinbar, er sucht unermüdlich neue Wege zu uns Menschen.

Lebenskunst
Sonntag, 9.12.2018, 7.05 Uhr, Ö1

Gottes Advent, sein Kommen - im Jetzt, in der Spannung meines Lebens, ist wirklich und wahr. Ein Leben ohne Advent macht arm. Wer aber IN Erwartung und nicht nur von Erwartungen lebt, die sich vielleicht nie erfüllen, ist reich. Advent ist eigentlich immer, ist mein ganzes Leben. Das sind nicht nur die vier Wochen vor Weihnachten, in denen oft so vieles zugedeckt wird. Advent meint das sehnsuchtsvolle Warten und Ausharren der Geschichte auf die zweite Ankunft Christi, auf die Vollendung dieser zerbrechlichen Geschichte. Gott hat sich nicht aus dem Staub gemacht, er hat sich nicht verabschiedet, er will nicht billig vertrösten, er lässt sich auch nicht kaufen, in Portionen verabreichen oder aufzwingen. Ich kann ihm nur begegnen.

Leiseste aller Geburten

Das Fest der Gottesgeburt, auf das die adventliche Sehnsucht hinzielt, ist die leiseste aller Geburten. Dieses weithin so zerredete, zugedeckte Fest, bleibt aber doch das unzerstörbare Fest Gottes mit mir. Der Ruf des Wegbereiters Johannes trifft mich: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt.“

In diesen Tagen des Advent möge mein Blick frei werden auf ihn und sein Tun in meinem Leben. Ich bin nicht mir selbst überlassen, auch ich bin ein von Gott Heimgesuchter.