Absterben oder Wiederkehr der Religion?

Die Meinungen sind geteilt: Die einen sagen, die Religion sei im Absterben begriffen und werde aus unserer Welt verschwinden. Die anderen meinen, die Religion kehre in unseren Tagen, nach einer gewissen Schwächephase, triumphal zurück. Beide haben recht. Je nachdem, was man unter Religion versteht, stimmt die eine oder die andere These.

Gedanken für den Tag 18.1.2019 zum Nachhören:

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Vor einer Prüfung dieser Thesen müssen allerdings zunächst Ideologien aus unseren Überlegungen ausgeschieden werden, die immer und immer wieder als Religionsersatz dienten und dienen, also Kommunismus, Islamismus, Nationalismus, Katholizismus – alle Ismen eben.

Franz Josef Weißenböck
ist katholischer Theologe und Autor

„Way of life“

In unseren Breiten lässt sich ein massiver Rückgang der religiösen Praktiken beobachten: Sinkender Messbesuch, Kirchenaustritte, Auflösung kirchlicher Bindungen überhaupt. Da passiert ein Abbruch, da kommt etwas an sein Ende. Das Büro für Fragen der Transzendenz hat seine Öffnungszeiten reduziert, bald wird zugemacht, der letzte dreht das Licht ab. Das ist die eine Seite.

Die andere: Das Heilige ist nicht nur nicht am Ende, sondern erlebt eine neue Konjunktur. Transzendenz ist gefragt, mehr denn je! Menschen können gar nicht leben ohne Transzendenz, das heißt: ohne ihr kleines Selbst zu übersteigen und zu überschreiten auf etwas Größeres, Höheres hin. Das tun sie, nur zum Beispiel, in der Liebe: Sie wachsen über sich hinaus, gehen auf einen anderen Menschen zu. Genau das, sagen sie, wäre Transzendenz. Und Menschen sei immer etwas „heilig“, und wenn es ein Fußballklub oder ein T-Shirt ist.

Mit Religion im alten Sinn hat das wahrscheinlich wenig gemein. Auch nicht mit dem Christentum – aber das Christentum ist ja vielleicht gar keine Religion, sondern ein „way of life“. Darüber morgen mehr.

Musik:

REM: „Losing my religion“ von Bill Berry, Peter Buck, Mike Mills und Michael Stipe
Label: WB 7599264962