Des Lobes nicht würdig

Die Sprüche der Wüstenvater aus dem 4. und 5. Jahrhundert können sehr gut in die heutige Zeit übertragen werden. Das haben auch die Maturantinnen und Maturanten von Pater Bernhard Eckerstorfer aus dem Stift Kremsmünster feststellen können.

Morgengedanken 22.2.2019 zum Nachhören:

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Im Wahlpflichtgegenstand Religion habe ich heuer sieben Maturanten, die sich neben dem normalen Religionsunterricht vertiefend mit religiösen Themen auseinandersetzen wollen. Ihnen legte ich in einer Doppelstunde viele Sprüche der Wüstenväter vor. Sie sollten jene aussuchen, die sie am meisten ansprachen. Zwei Sprüche waren die Favoriten:

Pater Bernhard Eckerstorfer
ist Benediktiner und Novizenmeister im Stift Kremsmünster

Sich beschränken

Der erste stammt von Vater Jakob: „Wer gelobt wird, muss an seine Sünden denken und erkennen, dass er des Lobes nicht würdig ist.“ Mich überraschte, dass Schüler gerade diesen Spruch wählen, ist doch in der Schule das Lob so wichtig. „Ja schon“, warf ein Schüler ein, „aber wer nur Bestätigung bekommt, arbeitet nicht mehr an sich und hebt schnell ab.“ Eine Schülerin meinte: „Ich sehe es als Gefahr, dass wir das Negative an uns ausblenden.“

Der zweite Spruch war: „Vater Evagrius sagte: ‚Schneide ab die Neigung zu vielen Dingen, damit nicht dein Sinn verwirrt werde und die Herzensruhe nicht gestört wird‘“. Auch hier war ich von den jungen Menschen überrascht: Wollen sie nicht möglichst viel in ihr Leben hineinpacken? Die Neigungen zu vielen Dingen abschneiden – das klingt nicht gerade modern! Die 17-jährige Tabea entgegnete: „Ich bin bei so vielen Vereinen und Aktionen dabei, ein freies Wochenende kenne ich gar nicht mehr. Ich muss lernen, mich zu beschränken!“