Bibelessay zu 1 Korintherbrief 15, 12.15 – 20

Es geht also um Auferstehung. Dass Gott Jesus Christus von den Toten auferweckt hat, steht für Paulus so sehr im Zentrum, dass damit alles steht und fällt: „Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden“.

Paulus predigt hier nicht. Er argumentiert und versucht andere Positionen zu widerlegen. Was sein Gegenüber behauptet, ist in den Bibelwissenschaften umstritten. Jedenfalls fühlt sich Paulus in einer Weise herausgefordert, dass er alle Register zieht. Seine Argumentation spielt auf der Klaviatur der Affekte. Sie zielt mitten ins Herz. Euer ganzer Glaube ist nutzlos! Das sagt er zu den Angehörigen der Gemeinde in Korinth. Alles, wonach ihr euer Leben ausrichtet – vergesst es. Wenn ihr nicht glaubt, dass die Toten auferstehen, dann glaubt ihr nicht, dass Christus auferweckt wurde. Und dann braucht ihr gleich gar nicht zu glauben.

Mirja Kutzer
ist katholische Theologin und Germanistin an der Universität Kassel

Auferweckung ist ein Metapher

Warum ist das für Paulus so wichtig – dieser Zusammenhang zwischen der Auferweckung Jesu und der Auferweckung eines jeden Menschen? Dass er an der Auferweckung Jesu festhält, ist wenig verwunderlich. Sie ist ein Beglaubigungszeichen. Gott hat eben jenen auferweckt, der am Kreuz gestorben ist. Es ist für Paulus der Ausweis schlechthin, dass dieser Jesus besonders ist. Er ist für ihn der Messias, von Gott gesandt. An ihm entscheidet sich demzufolge das Schicksal Israels, letztlich das der ganzen Welt.

Und doch geht der Glaube an die Auferstehung über ein bloßes Zeichen der Beglaubigung hinaus. Dies zeigt sich an eben dieser Passage aus dem ersten Korintherbrief, in der Paulus die Auferweckung Jesu untrennbar verbindet mit derjenigen, auf die alle Menschen hoffen dürfen. Was Auferweckung hier heißt, ist keineswegs klar. Auferweckung ist eine Metapher. Ein Bild. Es wird gebraucht, weil etwas mit den vorhandenen Begriffen nicht ausgedrückt werden kann. Oder weil es jenseits dessen liegt, was überhaupt sagbar ist. Auferweckung liegt jenseits der Schwelle des Todes. Und der Tod markiert die absolute Grenze dessen, was unserer Sprache, unserer Erfahrung zur Verfügung steht.

Blick über die Schwelle

In diesem Blick über die Schwelle, der uns eigentlich versagt ist, bedeutet Auferweckung keine Information. Sie sagt nichts darüber aus, wie ein Leben nach dem Tod beschaffen sein könnte. Und doch bringt sie eine Überzeugung ins Bild, die das Leben in dieser Welt verändert. Unser Leben, das irgendwann begonnen hat und irgendwann enden wird, läuft nicht ins Leere. Es verschwindet auch mit dem Tod nicht in ein bedeutungsloses Nichts. Was wir erfahren, wie wir handeln, wer wir sind – dies alles besitzt Gültigkeit. Es ist aufgehoben bei Gott.

Lebenskunst
Sonntag, 17.2.2019, 7.05 Uhr, Ö1

Deshalb, und das ist Paulus so wichtig, ist das Jetzt des Menschen entscheidend. Jetzt ist es an der Zeit, alles auf den Prüfstand zu stellen. Neu zu beurteilen, was gut und richtig ist. Für Paulus ist zum Beispiel eben nicht wichtig, wo Menschen herkommen oder welchen gesellschaftlichen Status sie haben. Für ihn ist entscheidend, dass sie jetzt neu leben können. Dass sie eine Gemeinschaft bilden, dass die Schwachen geschützt sind. Karl Rahner, der große katholische Theologe des 20. Jahrhunderts, hat den Glauben an Auferstehung in diesem Sinne als eine Lebenshaltung beschrieben. Diese Lebenshaltung besteht darin, in radikaler Ehrfurcht vor der Würde des anderen zu leben. Selbst wer denkt, dass nach dem Tod alles aus ist, und dennoch die eigenen Handlungen an diesem Maßstab misst, der verwirklicht das, was Auferstehung bedeutet: Dass es nicht egal ist, was wir tun.