„Ich greta jetzt“

„Ich will, dass ihr in Panik geratet“, Greta Thunberg nimmt sich kein Blatt vor dem Mund, wenn es um den Klimawandel geht. „Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen, denn das tut es“.

Zwischenruf 24.2.2019 zum Nachhören:

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Ihr Mut ist bewundernswert. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos stellt sich die 15-Jährige vor die globale Wirtschaftselite hin und liest der versammelten Altherrenriege die Leviten: Nehmt den Klimawandel endlich ernst und zwar heute und nicht erst morgen.

Christian Herret ist Pressereferent der Dreikönigsaktion.

Ich habe mir Gretas Auftritt gleich mehrmals hintereinander angeschaut. Vom ersten Satz an zieht sie in den Bann. Sie entspricht so überhaupt nicht dem gängigen Bild, das wir von Teenagern haben. Mit ihren Zöpfen und ihrer Wollhaube erinnert sie eher an eine Figur aus einem Astrid-Lindgren Roman. Welch ein erfrischender Anblick inmitten der grauhaarigen Nadelstreifgilde.

„Schulstreik für das Klima“

Greta ist anders. Und sie macht daraus kein Geheimnis. Auf ihrem Twitter-Profil stellt sie sich vor als „15-jährige Klimaaktivistin mit Asperger“. Das Asperger-Syndrom ist eine Form des Autismus, google ich nach. Menschen mit diesem Syndrom sind oft hochbegabt und können sich mit besonderer Hingabe einer Sache widmen. Greta ist ein Paradebeispiel dafür.

Seit sie acht Jahre alt ist, beschäftigt sich Greta intensiv mit dem Klimaschutz. Sie macht das Elternhaus Klima-Fit und bringt ihre Familie dazu sich vegan zu ernähren. Schon bald erkennt sie: es braucht weit mehr als das Engagement des Einzelnen. Es braucht politische Veränderungen. Nach dem Hitze-Sommer 2018 reicht es ihr: Am ersten Schultag nach den Ferien, setzt sie sich mit einem Schild mit der Aufschrift „Schulstreik für das Klima“ vor den Reichstag in Stockholm.

„Gallionsfigur des Klimaschhutzes“

Von diesem Tag an schwänzt Greta jeden Freitag die Schule und bezieht vor dem Reichstag Position, stundenlang, ob Sonne, Regen oder Schnee. Sie brüllt keine Parolen. Sie ist einfach nur da. Sie und ihr Schild. Ein widerborstiger Teenager mit einer fixen Idee? Wie geht man als Eltern damit um? Wahrscheinich waren sie nicht begeistert. Wahrscheinlich haben sie alles getan um sie „zur Vernunft zu bringen“.

Sendungshinweis

„Zwischenruf“, Sonntag, 24.2.2019, 6.55 Uhr, Ö1

Greta bleibt ungehorsam – und zieht ihr Ding durch. Der Rest ist Geschichte: In den sozialen Medien wird man auf Gretas Protest aufmerksam. Ihr Protest wird viral. Die einsame Demonstrantin wird zur neuen Gallionsfigur des Klimaschutzes. Greta inspiriert. Gerade weil sie anders ist wird sie zum Vorbild. Jeden Freitag schließen sich in 300 Städten – quer über die ganze Welt - Sidney, Berlin, Brüssel – auch in Wien, zigtausende Schüler und Studentinnen Gretas Protest an: #Fridaysforfuture – eine Bewegung war geboren.

Zu alt, etwas beizutragen?

„Ihr seid nicht erwachsen genug, um zu sagen, wie ernst es wirklich ist. Sogar diese Last überlässt ihr uns Kindern". Die Generation Greta geht harsch mit uns ins Gericht. Wir sitzen zwar noch für die nächsten 20 Jahre in den höchsten politischen Ämtern und Aufsichtsräten – aber was die Verantwortung für den Planeten betrifft sind wir schon reif fürs Ausgedinge.

Bin ich zu alt, zu ideenlos um noch etwas zu einer besseren Welt beizutragen? Auf der einen Seite beginnen wir „Angegrauten“ gerade mit dem Training für unseren ersten Marathon und erlernen Yogaverrenkungen, die jeden indischen Meister erblassen lassen – 50 ist das neue 40. Auf der anderen Seite stimmen wir uns schon bereitwillig auf die Hofübergabe der Erde ein. Sollen es doch unsere Kinder richten.

„Die Erde hat hohes Fieber“

Sogar nach dem Hitze-Sommer 2018 wo auch dem Letzten klar wurde: Die Erde hat hohes Fieber. Die Welt steht am Abgrund einer Katastrophe - haben wir weitergemacht wie bisher. Alle – bis auf Greta.

Im Evangelium heißt es, Glaube kann Berge versetzen. Irgendwo zwischen der Pubertät und den grauen Schläfen haben ich sie verloren – meinen Glauben, meine Vision, mein Vertrauen darauf, etwas bewirken, verändern zu können. Greta hat ihre gefunden – und auf ein Schild geschrieben.

Vor einer Wiener Schule hängt ein #fridaysforfuture-Transparent: „Wir gretan jetzt.“

Was haben Sie nächsten Freitag vor?

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