Schuld und Schulden

Über Geld spricht man nicht, sagen viele. Und ganz besonders ernst nehmen es wohl die, die zu wenig davon haben, die vielleicht sogar verschuldet sind.

Morgengedanken 2.3.2019 zum Nachhören:

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Beten ist riskant. Auch wenn man mit den Worten Jesu betet. „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, heißt es im Vaterunser.

Stefan Schröckenfuchs
ist Superintendent der evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich

Das Gnadenjahr

Gott soll mir vergeben - so, wie ich bereit bin, anderen zu vergeben? Eine gewagte Bitte, finde ich. Denn manchmal sitzt der Schmerz einfach zu tief, und es ist nicht möglich, zu vergeben. Und in anderen Fällen fehlt mir einfach die Bereitschaft dazu. Doch was, wenn Jesus nicht nur „moralische“ Schuld meint, sondern „Schuldiger“ in seinem wirtschaftlichen Sinn. Dann wird daraus: „Wie auch wir denen vergeben, die uns etwas schulden.“ Geld, das ich ihnen geborgt habe, zum Beispiel?

Eine absurde Interpretation? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Denn Jesus hat auch vom Erlass finanzieller Schuld gesprochen. „Ich bin gekommen, ein Gnadenjahr auszurufen“, sagte Jesus einst. Das Gnadenjahr ist eine radikale Idee aus dem 3. Buch Mose, mit dem Ziel, Armut zu überwinden und Gerechtigkeit wieder herzustellen. Denn in einem Gnadenjahr sollen alle Schulden erlassen werden. Und wenn jemand wegen Überschuldung sein Land verkaufen musste, so sollte er es im Gnadenjahr wieder zurückbekommen. So betrachtet wird die Bitte „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ zum Bekenntnis: Wir stehen ein für die Überwindung von Armut und Not.