Jemanden zum Sündenbock machen

Menschen brauchen ihn offensichtlich: den Sündenbock, der an allem schuld ist. In biblischer Zeit war es ein echter Bock, der stellvertretend mit den Sünden beladen worden ist.

Morgengedanken 6.4.2019 zum Nachhören (bis 5.4.2020):

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Neulich im Bus konnte ich quasi an einem Gespräch zweier Frauen nicht vorbeihören. Bei den Reizwörtern „Arbeitsplatz“, „Ausländer“ und „typisch“ wurde ich aufmerksam. Oh, die konnten schimpfen!

Klaudia Achleitner
ist Leiterin des Referats für Pfarrgemeinderäte im Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg

Die Welt gemeinsam denken

Über den Chef, der lauter Ausländer anstellt, weil die alles tun, was man ihnen anschafft. Und das ist wieder typisch, diese Weltverbesserer, die Arbeitskolleg/innen, die mit denen Deutsch lernen und mehrsprachige Schilder aufhängen. Dabei ist alles nur schlechter geworden, seit diese Ausländer da sind. Die sollen bleiben, wo sie hingehören und nicht uns auf der Tasche liegen.

Mhm, hab ich mir gedacht. So kann man sich die Welt auch erklären. Ausländer zu Sündenböcken stempeln und in die Wüste schicken, sprich, nur weg von uns und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Aber so einfach funktioniert unser globales Dorf nicht. In der jüdischen Tradition – die Geschichte mit dem Sündenbock steht im Buch Levitikus in der Bibel – wurde der Sündenbock symbolisch am Großen Versöhnungstag beladen. Dieses Fest dient der Aussöhnung zwischen Gott und Mensch. Während die Qualität des Festes darin besteht, die gesellschaftlichen Sünden öffentlich zu bekennen und so Versöhnung zu ermöglichen.

Beim Aussteigen dachte ich mir, da liegt noch ein gutes Stück Weg vor uns, um die Welt gemeinsam zu denken.