Bibelessay zu Epheser 3, 14 - 21

Der inwendige Mensch soll stark werden, kräftig durch seinen Geist, so dass Christus durch den Glauben in der Liebe in unseren Herzen eingewurzelt ist, heißt es da.

Der inwendige Mensch, klingt ganz schön altmodisch. Scheint aus der Mode gekommen zu sein. Äußerlichkeiten zählen, die Fassade ist wichtig. Das was wir aus uns machen. Das zieht sich durch viele Bereiche durch - mussten früher Opernsängerinnen Stimme haben, so ist das heute selbstverständlich, aber sie müssen auch noch gut aussehen, sich gut präsentieren können und auf dem Parkett der High Society bestehen können. Das gilt sogar für Politkerinnen und Politiker. Das gilt für viele Bereiche. Der inwendige Mensch gehört zu den bedrohten Arten in unserer veräußerlichten Welt. Wir brauchen Schutzräume für inwendige Menschen.

Michael Chalupka
ist Pfarrer und künftiger Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich.

Der inwendige Mensch, wie er im Epheserbrief angesprochen wird, ist keiner der sich seine Kräfte und seine Stärke antrainiert, gleichsam im christlichen Fitnesscenter, in der Kraftkammer der Frömmigkeit, sondern eine und einer der offen ist für die Liebe, die wir uns nicht selber geben können.

Höhen und Tiefen

Die Liebe die wir uns nicht selbst geben können, sie wird dem inwendigen Menschen, sie wird uns in der Gemeinschaft geschenkt. Sie macht uns kräftig und stark und lässt uns die Fülle des Lebens in allen Dimensionen begreifen. In der Breite und in der Länge, in der Höhe und Tiefe. Alle vier Dimensionen sind wichtig. Keine darf fehlen.

Wir kennen die Tiefen der menschlichen Existenz, die Abgründe, das Leid, den Tod und die Ungerechtigkeit. Gott selbst ist Mensch geworden, so glauben die Christen, um die tiefsten Punkte des Menschseins auszuloten. Und doch ist uns auch die Höhe geschenkt. Wir werden nach oben gezogen und dürfen hin und wieder schon auf Erden den Himmel schauen oder hören. Sei es beim Hören der Chaconne in d-moll von Johann Sebastian Bach, sei es beim Blick in die Augen des geliebten Menschen.

Sendungshinweis

Lebenskunst, 2.6.2019, 7.05 Uhr, Ö1.

Reich beschenkt

Und auch das Begreifen der Länge von Gottes Beistand wird uns geschenkt. Der uns von Kindesbeinen an begleitet und behütet, über die Zeit hinweg. Über lange Zeiträume hinweg werden wir von unserem Herkommen unseren Familien geprägt. Niemand hat sich selbst erschaffen. Und auch die Breite ist uns geschenkt, die das Herz weit machen kann und das Herz aus der Angst herausführen kann, in das weite, offene Land der Freude und der Gemeinschaft.

Der inwendige Mensch, so klein er auch sein mag und so klein und unbedeutend er sich fühlen mag, hat in sich unendlichen Raum der Gottesfülle in der Höhe, der Tiefe, der Länge und der Breite. Und er hat auch Raum für Jesus Christus, der in den Herzen wohnen kann. Menschen, die so reichlich beschenkt sind, die mit allen Heiligen die Höhe und Tiefe, die Länge und Breite erfahren durften, sie können und dürfen anderen zum Geschenk werden.