Bibelessay zu Lukas 11,1-13

Bff - best friends forever. So würden Jugendliche einen Freund, eine Freundin nennen, zu der man immer und zu jeder Stunde kommen kann, wenn man etwas braucht, womit man nur eine gute Freundin belästigen kann.

Bff - best friends forever - so würde Jesus wohl heute seinen - damals nicht sehr alten - Jüngern und Jüngerinnen sagen, wie sie Gott ansprechen könnten. Diesen Gott, zu dem Jesus von Nazareth so vertrauensvoll „Vater, Papa“ sagt.

Magdalena Holztrattner
ist Theologin, Armutsforscherin und Direktorin der katholischen Sozialakademie

Wie sollen wir beten?

Wie sie denn zu diesem Gott beten sollten, fragen jene, die den jüdischen Wanderprediger fast Tag und Nacht begleiten. Diejenigen, die mitkriegen, dass er sich immer wieder zum Beten zurückzieht. Die bemerken, dass dieser Jesus im Beten Kraft für den anstrengenden Alltag bekommt und eine Beziehung zu Gott hat, die ihresgleichen sucht.

Wie macht er das? Was spricht dieser Jesus zu seinem Gott?, fragen sich die Jünger. Jesus gibt den Fragenden nicht nur eine konkrete Antwort, was sie beten könnten. Er sagt ihnen nicht nur das Vater unser, das heute in allen christlichen Gemeinden als zentrales Gebet auswendig, allein und in Gemeinschaft gebetet wird. Jesus geht einen Schritt weiter und sagt, wie die Fragenden beten können:

Er muntert sie auf, ihre Bitten und Anliegen an Gott zu richten, wie wenn es sich um einen bff handeln würde, um einen best friend forever. Eine beste Freundin kann ich mitten in der Nacht anrufen, kann sogar unangemeldet an ihrer Tür läuten und um Hilfe bei einem Malheur, um Trost bei Liebeskummer oder eben auch, wie Jesus beispielhaft sagt, um ein Brot, Käse und Wein für einen Überraschungsbesuch bitten. Ein wirklich guter Freund hört meine Bitte, geht darauf ein und schaut, wie er mir helfen kann.

Lebenskunst
Sonntag, 28.7.2019, 7.05 Uhr, Ö1

Freundschaft gibt Sicherheit

Diese Art von Freundschaft findet man selten auf sozialen Medien, in Kartenrunden oder am Stammtisch. Sie sind manchmal sogar im normalen Freundeskreis schwer zu finden. Wie viele bffs haben Sie?

Ich lebe noch nicht so lange in Wien. Nach ca. einem Jahr habe ich mich gefragt, wie viele Menschen ich hier kenne, die ich zu jeder Tages- und Nachtzeit mit wirklich dringenden Anliegen und in großer seelischer Not aufsuchen könnte. Ich habe zwei gefunden. Das hat mir große Sicherheit gegeben und mich froh gemacht.

Tiefe und echte Freundschaft

Um wirklich tiefe Freundschaften zu erhalten, ist es, so meine Erfahrung, wichtig, regelmäßigen und echten, persönlichen Kontakt zu pflegen. Damit genügend Ruhe und Zeit ist, die Seele aufzumachen, um Schutzmauern abzubauen und dem oder der anderen einen Blick auf meine wirklichen Bedürfnisse, auf meine Verletzungen, auf meine tiefen Sehnsüchte und Wünsche zu gewähren.

Das geht nicht so schnell, wie uns Talkshows im Fernsehen glauben machen wollen. Echte Freundschaft braucht Vertrauen und die Erfahrung, dass mein Gegenüber mich so sehen will, wie ich bin. Und mich auch so aushält, wie ich bin. Eine solche bff muss ich weder täglich hören noch wöchentlich sehen. Bei manchen reicht ein Anruf im Monat oder ein Besuch alle halbe Jahre. Wenn das Vertrauen stimmt, bleibt diese Freundschaft auch über große Zeiten und Distanzen lebendig.

Gott als guter Freund

Ein echter bff, eine echte best friend forever will auch Gott sein, so macht Jesus seine Jünger und Jüngerinnen aufmerksam. Ein guter Freund will Gott sein, zu der man mit jeder Bitte kommen kann. Jesus stellt seinen Freunden Gott als eine gute Freundin vor Augen, die Bitten erfüllt. Unter zwei Bedingungen, wie ich zu erkennen glaube:

Die erste Bedingung ist, dass der Beter dran bleibt, dass er lästig ist, dass er immer und immer wieder und über lange Zeit an die Tür von Gottes Herz klopft. Wenn es dem Beter ein wirkliches Anliegen ist, das aus der Tiefe des Herzens strömt, dann hört Gott die Gebete.

Die zweite Bedingung ist die, so meine ich, dass die Beterin offen ist, dass ihr Anliegen anders erfüllt werden könnte, als sie erbittet. Gott ist kein Gebetserfüllungs-Automat, wo man oben quasi die Münze, die Bitte, reinwirft und unten kommt das gewünschte Produkt raus. Gott erfüllt die Bitten der Beterinnen - aber, so meine persönliche Erfahrung, eben oft auf eine Art, die überrascht. Und manchmal zu einem Zeitpunkt, wo man gar nicht mehr damit rechnet.

Bff - best friend forever. Wer von diesen besonderen Freundschafen eine Hand voll hat, kann sich glücklich schätzen. Vielleicht ist ja auch Gott darunter zu finden.