Kaleidoskop des menschlichen Seins

Projekte der Denkmalpflege: Bei der Planung von Kirchenrenovierungen geht es zu Beginn nicht selten recht emotional zu. Ein schlechter Putz muss entfernt werden, eine neue Heizung wäre gut, das Hochaltargemälde muss gereinigt werden und den diversen Engeln fehlen Hände oder Füße.

Gedanken für den Tag 16.9.2019 zum Nachhören (bis 15.9.2020):

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Die Diskussionen drehen sich um die Fragen: Was wäre schön zu machen und was muss gemacht werden?

Elena Holzhausen
ist Diözesankonservatorin der Erzdiözese Wien

Wir bauen was wir sind

Bei der Erörterung dieser Fragen stoßen innere Wünsche und äußere Bedingungen aufeinander. Für die oft kleinen Gemeinden ist darüber hinaus die wichtige Frage der Kosten drückend schwer. Mindestens genauso wichtig ist aber die Frage, wie man die vorhandenen Mittel priorisiert. Hinter dieser Frage gut versteckt liegt das, was den einzelnen Menschen wichtig ist. Oft sind es Räume oder auch einzelne Gegenstände, die Bedeutung haben. Nicht selten sind diese Dinge mit tiefliegenden Erinnerungen und ganz persönlichen Erfahrungen verbunden. Nur vordergründig sind alles und jedes Sachfragen, dahinter stehen aber immer Fragen des eigenen Seins. Wie soll das Ergebnis aussehen, welche Vision kann oder soll verwirklicht werden?

Letztlich bauen wir immer das, was wir sind. Wir erhalten auch das, was wir sind und geben es weiter mit allen Fragen und mit allen Brüchen. Und was passiert, wenn wir das Alte nachbauen? Ist es wirklich noch das Gleiche, was einmal war? Zumindest kann es nicht dasselbe Gebäude sein, denn es sind nicht die alten Materialien. Es ist nicht mehr der Stein, den auch die Großeltern berührt haben, der Platz, an dem die Urgroßeltern schon gebetet haben. Mir drängt sich die Frage auf, ob man Vergangenheit imitieren kann? Die Rekonstruktion des 1950 gesprengten Stadtschlosses von Berlin zeigt das deutlich. Heute steht dort ein Bau des 21. Jahrhunderts im Gewand von 1716.

Baudenkmale kann man nur schützen, nicht wirklich wiederherstellen, wenn sie vollständig verschwunden sind. Erhalten kann man nur das, was in der Substanz noch vorhanden ist. So ist das am Bau aber auch in unserem Umgang miteinander.

Musik:

Rigas Kamermuziki unter der Leitung von Richard Harvey: „University - New ideas“ aus: LUTHER / Original Filmmusik von Richard Harvey
Label: BMG Ariola 82876568702