Mexiko: Lachen und feiern mit den Toten

Themen: Porträt von John Henry Newman; Ein Journalist auf der Suche nach echten Heilern; Die „Dias de los Muertos“ in Mexiko; Bibelessay von Regina Polak

Theologe, Dichter, Heiliger – Ein Porträt von John Henry Newman

Im England des 19. Jahrhunderts hat die industrielle Revolution ihren Ausgang genommen; hier wurden die ersten mechanischen Webstühle gebaut, hier fuhren die ersten Eisenbahnen. In diese Zeit wurde John Henry Newman hineingeboren. Er war ein brillanter anglikanischer Theologe und hoch angesehener Intellektueller, bis er den Schritt ins gesellschaftliche Nichts wagte: Er verließ die verbürgerlichte anglikanische Staatskirche seiner Zeit und schloss sich der katholischen Kirche an, der im damaligen England fast nur arme irische Einwanderer angehörten. Von den Anglikanern verfemt und den Katholiken verdächtig, konnte er mit der Zeit das Vertrauen beider erringen.

Lebenskunst
Freitag, 1.11.2019, 7.05 Uhr, Ö1

Und er wurde zu einem der bedeutendsten theologischen Denker seiner Zeit. In der katholischen Kirche des 19. Jahrhunderts, die sich in einem sehr fixen Denksystem und Lebensmuster gegen die moderne Zeit verbarrikadiert hatte, sticht Newman mit seiner entschiedenen Offenheit deutlich hervor. Er reflektiert nicht nur abstrakte, unwandelbare religiöse Wahrheiten, sondern immer auch sein eigenes Leben. „Leben heißt sich wandeln, und vollkommen sein heißt sich oft gewandelt haben“, schreibt er einmal.

Als er 1890 starb, schrieb die Londoner Times: „Ob Rom ihn heiligspricht oder nicht, er wird im Gedächtnis vieler Angehöriger verschiedener Glaubensbekenntnisse in England heiliggesprochen sein. Der Heilige und der Dichter in ihm werden überleben.“ Am 13. Oktober 2019 war es soweit. Papst Franziskus hat John Henry Newman heiliggesprochen.

Schwindler, Spinner, Wunderheiler – Ein Journalist auf der Suche nach echten Heilern

Am Fest Allerheiligen wird jener Männer und Frauen gedacht, die in der katholischen Kirche als „heilig“ verehrt werden. Und sehr oft werden mit diesen Menschen unerklärliche Heilungen in Verbindung gebracht. Auch abseits des christlichen Heiligenkanons gibt es jene, denen Heilkräfte zugeschrieben werden. Aber Wunderheiler, gibt es die? Voodoo-Priester, Schamanen oder einfach Handaufleger – und weg ist der Tumor, der Krebs, die unheilbare Krankheit, der Schmerz?

Buchhinweis:
Thomas Bruckner, „Wundersuche. Von Heilern, Geblendeten und Scharlatanen“, Picus Verlag

Gibt es wirklich mehr zwischen Himmel und Erde als die Naturwissenschaft erklären kann? Schwer zu sagen. Ein österreichischer Journalist begab sich auf „Wundersuche“. Das ist auch der Titel seines Buches. Thomas Bruckner hat selbst einen Tumor und das war mit ein Grund, vier Kontinente zu bereisen und nach Wunderheilern Ausschau zu halten. So war er auch beim umstrittensten und wegen sexueller Übergriffe in die Schlagzeilen geratenen brasilianische Wunderheiler Joao de Deus. Seine Erlebnisse waren oft enttäuschend, dann wieder skurril, manchmal erwartbar, manchmal verwunderlich. Und einige Male tatsächlich unerklärlich. Roberto Talotta hat mit Thomas Bruckner gesprochen.

Lachen und feiern mit den Toten – Die „Dias de los Muertos“ in Mexiko

Mariachi-Gruppen spielen auf den Gräbern und rund um die Friedhöfe formieren sich Menschen - als Skelette verkleidet - zu festlichen, lauten und fröhlichen Umzügen. Kinder naschen Särge aus Schokolade und Verliebte schenken einander Totenköpfe aus Zuckerguss, auf deren Stirn sie den Namen der oder des Geliebten schreiben. Allerheiligen in Mexiko ist ein mehrtägiges Fest. Ein Zusammentreffen von Verwandten und Freunden, von Arbeitskolleginnen und Nachbarn.

Dias de los Muertos Mexico Totenköpfe Schokolade Zucker

ORF/Maria Harmer

Totenköpfe aus Marzipan und Zuckerguss

Doch hinter der lauten Fassade des scheinbar respektlosen Umgangs mit dem Tod verstecken sich auch leise, ängstliche und traurige Aspekte. In den „Dias de los Muertos“ mischen sich prähispanische Traditionen aus den Kulturen der Maya und Azteken mit christlichen Vorstellungen, die die spanischen Eroberer vor 500 Jahren über den Atlantik gebracht haben und Elemente des irischen Halloween. Der Tod als Teil des Lebens. Maria Harmer hat die „Dias de los Muertos“ in Mexiko miterlebt.

Heilig, was ist das? – Bibelessay zu 1 Johannesbrief 3,1–3

Allerheiligen ist eines jener ursprünglich christlichen Feste, die von Glaubenden und Nicht-Glaubenden gleichermaßen begangen werden. Im Fall von Allerheiligen jedoch von beiden Gruppen zumeist etwas sinnentfremdet: indem man die Gräber von lieben Verstorbenen besucht. Eigentlich wäre das ja stimmiger am Tag Allerseelen – aber das ist kein gesetzlicher Feiertag, da haben nicht alle frei – und so wird der Besuch bei verstorbenen Angehörigen mit Kerzen und Gestecken einfach vorgezogen.

Doch was hat es mit dem Begriff „heilig“ überhaupt auf sich? Bezeichnet er so etwas wie ein kirchliches Gütesiegel, oder doch etwas mehr? Gedanken dazu hat sich für LEBENSKUNST die katholische Theologin und Religionssoziologin Regina Polak gemacht. Der biblische Text, der ihren Überlegungen zugrunde liegt, stammt aus dem 1. Johannesbrief im Neuen Testament der Bibel. Es ist eine jener Stellen, die in den katholischen Messfeiern am Allerheiligentag auf dem liturgischen Leseplan stehen.

Bibelessay zu 1 Johannesbrief 3,1-3

Moderation: Martin Gross

Lebenskunst 1.11.2019 zum Nachhören (bis 31.10.2020):

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