Wolfs-Manager

Wie uns Tiere und Pflanzen aus der Krise helfen können: Früher, man kann sagen, noch zu Wolfsbluts Zeiten, nahm man an, ein Rudel Wölfe funktioniere nach dem Gesetz des Stärkeren. Aber das war ein Vorurteil. Kooperation und flache Hierarchien prägen häufig den Umgang im Rudel.

Gedanken für den Tag 21.11.2019 zum Nachhören (bis 20.11.2020):

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Wölfe scheinen einander etwa bei der Jagd blind zu verstehen und auch schwierigen taktischen Situationen gewachsen zu sein. Von einem Rudel in Wyoming wird berichtet, es sei lange erfolglos gegen eine Gruppe großer Hirsche gewesen, die jedes Mal schnellen Schrittes entflohen. Bis sich die Wölfe teilten und eine der beiden Gruppen die Hirsche weiträumig einkreiste und ihnen so den Fluchtweg abschnitt.

Oliver Tanzer
ist Autor und Wirtschaftsjournalist und leitet das Wirtschaftsressort der Wochenzeitung „Die Furche“

Spielzeit in der Arbeitszeit

Dieses gemeinsame Arbeiten an einem Ziel ist in vielen menschlichen Unternehmen nicht mehr vorhanden. Nach einer Umfrage verwenden deutsche Führungskräfte mehr als ein Drittel ihrer Arbeitszeit dafür, Konflikte mit Kollegen auszutragen, oder vermeintliche Intrigen abzuwehren. In diesem Sinn ist der Mensch dem Menschen ein Wolf, während der Wolf dem Wolf geradezu ein Gutmensch ist. Das gilt nicht nur für die Jagd. Wenn nicht gerade Revierkämpfe toben, tun Wölfe im Wachzustand - egal ob Jung oder Alt - hauptsächlich eines: miteinander spielen. Das Spiel ist das zentrale Bindungselement im Rudel. Jeder Wolf weiß durch das gemeinsame Laufen und Rangeln um das Temperament, die Ängste und Bewegungsmuster des anderen. Wölfe proben also nicht für den Ernstfall. Sie spielen für den Ernstfall.

Man stelle sich vor, Unternehmer würden einmal versuchen, sich selbst und ihren Mitarbeitern täglich etwas Spielzeit in der Arbeitszeit zu geben. Ein paar wenige von jenen Stunden, die man jetzt damit verschwendet, gegeneinander zu beckmessern, würden schon reichen, um die Laune und den Sinn fürs Gemeinsame zu heben. Zugegeben, das Spiel ist nicht das typische Konzept eines modernen Management-Gurus – es kommt quasi bloß im Wolfspelz daher. Aber es ist dort ziemlich erfolgreich, seit mehr als 14 Millionen Jahren. Und welcher Guru könnte das von sich behaupten?

Buchhinweis:

Oliver Tanzer, „Animal Spirits“, Molden-Verlag

Musik:

Paul Winter Consort: „Wolf eyes“ von Paul Winter und David Darling
Label: Living Music LD 0018