Frauen
Gedanken für den Tag 27.11.2019 zum Nachhören (bis 26.11.2020):
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Christa Wolf schreibt: “Eh einer schreiben kann, muß er leben /.../ Die Frauen lebten lange ohne zu schreiben; dann schrieben sie /.../ mit ihrem Leben und um ihr Leben. Das tun sie bis heute, oder heute wieder.“
Ingrid Pfeiffer
ist Autorin, Germanistin und Erwachsenenbildnerin
Die mit gutem Rat Heilende
Das musste tatsächlich erst einmal betont werden. Und Christa Wolf tat es in ihrem Essay über die romantische Dichterin Karoline von Günderrode. Die Auseinandersetzung mit der deutschen Romantik kam zu dieser Zeit nicht nur für mich überraschend. Zufällig war sie nicht. Für Christa Wolf kamen die Anlässe vor allem aus der Verhärtung des politischen Systems in der DDR und ihrer davon ausgelösten persönlichen, auch schriftstellerischen Krise. Nach bereits vorhandenen, wenn auch überdeckten Perspektiven suchend, fand sie in der Aufbruchsstimmung des frühen 19. Jahrhunderts Traditionslinien, die für die Gegenwart hilfreich waren. Sie bot damit ihren Zeitgenossinnen diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs etwas an, das zu gestärktem Selbstverständnis verhelfen konnte.
Christa Wolf setzte ihre Entdeckungen – im wahren Wortsinn des Freilegens – fort und wandte sich dem antiken Mythos zu, zuerst der Seherin Kassandra, in den 1990er Jahren dann Medea. Beide Figuren gehen auf vorschriftliche Überlieferungen zurück, verdeckt von verwirrenden Überlagerungen aus verschiedenen Zeiten und Wertesystemen. In der frühesten Schicht findet sich immer die starke Frau, eine Rolle, in der das Patriarchat sie nicht belassen konnte. Medea, der Name bedeutet ursprünglich: die mit gutem Rat Heilende. Was, wenn das fortgeschrieben worden wäre?
Musik:
„Altes Geld - Buschtrommeln“ von Kyrre Kvam
Label: ORF-Enterprise Musikverlag