Lichterfest Chanukka

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und viele Menschen sind mit intensiven Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt. Bei Jüdinnen und Juden beginnt in diesem Jahr Chanukka am Abend des 22. Dezember, also heute nach Sonnenuntergang.

Zwischenruf 22.12.2019 zum Nachhören (bis 21.12.2020):

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Chanukka, das 8-tägige Lichterfest, ist eines der fröhlichsten jüdischen Feste des Jahres. Wir feiern den Sieg der Makkabäer über die griechische Herrschaft und die Wiedereinweihung des Tempels im jüdischen Jahr 3597-, das ist umgerechnet 164 vor Christus. Es wird an die Zeit zurückgedacht, als Juden unter der Herrschaft der Griechen leiden mussten. Juden war es verboten, ihre Religion auszuüben und es kam zur Entweihung und Zerstörung des Tempels. Nach der Rückeroberung von Jerusalem wurde unter den Resten des Tempels nur 1 Kännchen Öl gefunden. Um den Tempel wieder einzuweihen, musste aber das Licht entzündet werden. 1 Kännchen Öl würde aber das Licht nur für einen einzigen Tag brennen lassen. Um neues, geweihtes Öl herzustellen, benötigt man aber 8 Tage.

Claudia Prutscher
ist Vizepräsidentin der israelitischen Kultusgemeinde Wien

Fröhliche Abende mit Liedern und Spielen

Wundersamerweise reichte jedoch das eine Kännchen Öl, um das Licht 8 Tage brennen zu lassen. Dieses Wunder ist der Ursprung von Chanukka. Daher zünden wir 8 Tage lang jeden Abend bei Einbruch der Dunkelheit Kerzen an. Für jeden Tag eine Kerze mehr, so dass am Ende 8 Kerzen brennen.

Dabei werden Chanukka-Lieder gesungen und Speisen wie Latkes (das sind Kartoffelpuffer) oder Sufganiot (das sind Krapfen) gegessen. Auch hier liegt die Bedeutung von Chanukka in der Verwendung von Speisen, die in Öl ausgebacken werden.

Wir laden Gäste ein und spielen gemeinsam mit den Kindern „Dreidel“. Das sind kleine, 4-seitige Holzkreisel mit hebräischen Buchstaben darauf. Wir spielen das unter Einsatz von Schokoladegeld. Je nachdem, welcher Buchstabe nach dem Drehen zum Liegen kommt, muss der Spieler seinen Einsatz verdoppeln, oder er bekommt den Einsatz zurück. Die Stimmung ist immer sehr gut und ausgelassen. Auch die Chanukka-Lieder sind schwungvolle Lieder, so dass diese Abende immer fröhlich sind.

Latkes und Sufganiot

Die Chanukkia, das ist der 9-armige Leuchter (8 für die Kerzen, der 9. ist für den „Diener“ also die Kerze, mit der die anderen angezündet werden) stellen wir traditionellerweise vor ein Fenster, damit es auch von der Straße aus gut sichtbar ist. Das gibt im Dunkeln ein sehr hübsches Bild ab. Es ist üblich, dass jedes Familienmitglied, so auch die Kinder, ihre eigene Chanukkia haben und selbst zünden.

Zwischenruf
Sonntag, 22.12.2019, 6.55 Uhr, Ö1

In meiner Familie findet der 1. Abend mit dem Zünden der 1. Kerze traditionellerweise bei mir statt. Die Kinder freuen sich immer darauf, denn bei mir gibt es dann auch kleine Geschenke für die Enkelkinder.

Nachdem meine Kinder schon erwachsen sind und meine Töchter bereits selbst Familien haben, kommen wir an den folgenden Abenden bei ihnen zusammen. Da die Vorbereitungen für Latkes – das bedeutet, viele Kartoffeln zu schälen und zu reiben - doch recht zeitaufwändig sind, helfen wir einander auch schon bei den Vorbereitungen. Dazu gibt es dann noch geräucherten Lachs und verschiedene Salate, so dass es auch ein richtiges Abendessen ist. Als Dessert kommen dann die Sufganiot zum Einsatz. Diese werden mit Marmelade oder Vanillecreme gefüllt.

Eine spirituelle Reise

Seit einigen Jahren wird in Wien am Stephansplatz eine große Chanukkia aufgestellt und jeden Abend gezündet, dabei werden auch Chanukka-Lieder gesungen. So können viele Vorbeigehende das Wunder von Chanukka miterleben. Und das Wunder ist der Sieg des Lichts über die Finsternis. Dieser Sieg zeigt sich in jeder Entscheidung angesichts des Bösen - Gutes zu tun, freundlich zu sein, wo Grausamkeit herrscht, aufzubauen, wo andere zerstören.

Chanukka ist mehr als ein Festtag, es ist eine 8-tägige spirituelle Reise. Wirklich erleben können wir den Geist des Chanukkafestes aber dann, wenn wir seine Freude, seine Wärme und sein Licht in unser Leben einbeziehen - nicht nur gegenüber unseren Familien - sondern gegenüber der ganzen Welt.

Link:

Jüdisches Museum - Kerzenzünden zu Chanukka