Bibelessay zu Matthäus 3,13-17

Die Feiertage zwischen Weihnachten und Dreikönig sind vorbei, der Alltag hat mich wieder. Ich bin wieder im Beruf angekommen, Aufgaben, Sitzungen und Projekte takten wieder die Woche. An diesem Übergang erinnern die christlichen Kirchen an die Taufe Jesu.

Ein eigenartiges Fest, finde ich. Im Matthäusevangelium sind die ersten beiden Kapitel der Kindheit Jesu gewidmet, seiner Geburt, der Verfolgung seiner Familie, ihrer Flucht nach Ägypten und der Rückkehr nach Nazaret, nachdem Herodes verstorben war. Dann tritt Johannes der Täufer auf, eindrücklich in seinem Auftreten, mächtig in seiner Botschaft von Sünde und Umkehr. Sehr viele Menschen kommen zu Johannes in die Wüste, um sich taufen zu lassen. Auch Jesus kommt zu ihm, und zwar an einem für Jesus entscheidenden Wendepunkt im Leben, als er mit ca. 30 Jahren beginnt, seine Botschaft öffentlich zu verkünden.

Helga Kohler-Spiegel
ist katholische Theologin und Psychotherapeutin aus Vorarlberg

Die Stimme aus dem Himmel

Also: Jesus ist bei Johannes am Jordan, um getauft zu werden. Johannes lehnt dies zuerst ab, willigt dann aber ein, denn es geht um Jesus und seine Verbundenheit mit Gott. Und dann kommt es zu dieser wunderschönen Szene: Der Himmel öffnet sich, der Geist Gottes wird sichtbar und die Stimme aus dem Himmel spricht: „Dies ist mein geliebter Sohn, dies ist meine geliebte Tochter, an der ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Was für eine wunderbare Zusage! Hier markiert sie – wie gesagt – den Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu. Bei der Taufe markiert sie bis heute die Zusage, die jedes Mädchen und jeder Bub bei der Taufe hört – und die auch die Eltern hören und die Großeltern und die Paten und alle anderen, die dabei sind: „Dies ist mein geliebter Sohn, dies ist meine geliebte Tochter, an der ich Wohlgefallen gefunden habe.“

Matthäus erinnert immer wieder, dass sich die Heiligen Schriften der Juden bewähren und „erfüllen“ sollen. Denn im Evangelium nach Matthäus wird immer wieder deutlich, dass Jesus Jude ist und als Jude glaubt und lebt. Deshalb heißt es auch, dass „die Stimme aus dem Himmel“ spricht. Denn da im Jüdischen der Name Gottes nicht ausgesprochen wird, wird „die Stimme Gottes“ benannt als „die Stimme aus dem Himmel“.

Zurück zu dieser Zusage: „Du bist geliebt. Der Himmel ist offen.“

Vielleicht klingen diese Zusagen für manche Menschen fremd, fast wie Hohn, wenn das Leben sehr beschwerlich oder erschüttert ist, wenn Enttäuschungen, Schmerzen, Einsamkeit und Kummer im Vordergrund sind. Auch das Matthäusevangelium erzählt, dass Jesu Leben mit Verfolgung und Gewalt begonnen hat. Und vielleicht ist gerade deshalb diese Ermutigung, diese Zusage so bedeutsam: Was auch immer das Leben einem Menschen zumutet, jedes Kind, jeder Mensch ist geliebt und der Himmel ist offen.

Lebenskunst
Sonntag, 12.1.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Nach all den Feiertagen – wieder im Alltag angekommen, finde ich es tröstlich und schön zugleich, daran erinnert zu werden: Was auch immer das Jahr bringen wird – ich habe mir zumindest vorgenommen, diese Zusage für den Rest des Jahres mitzunehmen. Ich habe mir zumindest vorgenommen, sie heuer nicht zu vergessen.