Alte Farben, neue Farben

Je frühlingshafter das Licht wird, desto mehr treten auch wieder Farben in Erscheinung. Was Farben mit Altem, Neuem und Veränderung im Leben zu tun haben, erzählt Gudrun Sailer.

Morgengedanken 12.3.2020 zum Nachhören (bis 11.3.2021):

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Ein „palazzo“ ist auf Italienisch nicht unbedingt ein Palast, sondern meist ein mehrstöckiges Wohnhaus. In einer Stadt wie Rom, wo es keine Hochhäuser gibt, reiht sich Palazzo an Palazzo. Wenn einer renoviert wird, dann ändert sich fast immer seine Farbe, das fällt mir auf in den vielen Jahren, die ich jetzt hier wohnen darf. Die Fassade wird nicht einfach vom Dreck befreit und sauber in ihrer gewohnten Farbe neu gestrichen, nein, sie kommt gerne in kühlem Rosa oder Blassblau wieder zum Vorschein, wo vorher Ocker war. Pastell ersetzt das satte Dunkelgelb, das auf Österreichisch „Schönbrunnergelb“ heißt.

Gudrun Sailer
ist Journalistin im Vatikan

Was sich ändert

Ocker habe ich Rom kennengelernt, als ich als Teenager zum ersten Mal hier war und dann immer wiedergekommen bin. Ocker waren die Paläste und die Palazzi, ocker sind meine ältesten Erinnerungen von Rom. Doch dieser erdige Goldton, der an die Sonne im römischen Herbst erinnert, stirbt aus. Historisch ist das richtig, heißt es. Rom ist ja im Kern eine barocke Stadt, und Barock mochte pastell. Rosa bedeutet also eine Rückkehr zum Ursprung. Wobei Rom ja eigentlich viel älter als Barock ist.

Das Bild der Stadt ändert sich, während wir in ihr leben; unser Dorf wächst oder schrumpft, passt sich neuem Leben an. Änderung. Wir können sie nicht aufhalten, auch wenn wir es behaglicher fänden, alles bliebe beim Alten. Änderungen sind größer als wir. Und auch wir ändern uns. Nur was sich ändert, lebt. Und setzt nicht auch pastell den Palazzo grandios in Szene?