Warum Urängste freigesetzt werden

Themen: Wie mit den Ängsten vor dem Coronavirus umgehen; Das Frühlingsfest Nouruz; Die Sinne öffnen für das Schöne; Bibelessay von Markus Schlagnitweit

Warum das Coronavirus Urängste freisetzt - Und wie man damit umgeht

„Not lehrt beten“- so hieß es früher, heute lehrt sie offenbar, sich mit Klopapier einzudecken: Viele Menschen, die in den vergangenen Tagen in Supermärkte gingen, um sich noch das Nötigste zu besorgen, standen nicht nur in langen Schlangen vor der Kassa, sondern auch vor teils leeren Regalen. Vor allem jene, in denen sonst Toilettenpapier gestapelt ist, waren leergefegt. Warum decken sich Menschen mit Waren – und besonders mit Waren wie diesen – ein, wenn die Regierung sukzessive strengere Maßnahmen ankündigt, um den sozialen Kontakt zwischen Menschen zu minimieren? Eine Initiative, um die Zahl der Neuerkrankungen an Covid-19, dem sogenannten Coronavirus, einzudämmen oder zumindest zu verlangsamen, damit das Gesundheitssystem die Erkrankten versorgen kann.

Lebenskunst
Sonntag, 22.3.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Welche Urängste werden in dem Zusammenhang im Menschen geweckt und wie geht man damit am besten um? Und was ist mit all jenen, die in sogenannten systemerhaltenden Betrieben und Unternehmen arbeiten: Haben sie überhaupt Zeit, über die Auswirkungen nachzudenken und sich auf ein eingeschränktes Leben vorzubereiten, das ja auch sie selbst trifft? Und wie können Religionsgemeinschaften in dieser Zeit trotz Einschränkungen der religiösen Lebenspraxis unterstützen? Alexandra Mantler hat per Telefon mit dem katholischen Theologen und Psychotherapeuten Arnold Mettnitzer diese und andere Fragen besprochen. Zum ersten Mal war das Gespräch am Mittwoch, 18. März, in PRAXIS – Religion und Gesellschaft zu hören.

Feste feiern, wenn auch anders - Nouruz, das Frühlingsfest aus dem iranischen Kulturraum

In diesen Tagen wird es wieder vor allem im iranischen Raum – aber auch von Menschen, deren Wurzeln in dieser Region liegen – gefeiert: Nouruz, das auf den persischen Priester und Philosophen Zarathustra zurückgehende Neujahrsfest zum Frühlingsanfang, wobei Nouruz „neuer Tag“ bedeutet. Das etwa 3000 Jahre alte Fest ist mittlerweile auch als Weltkulturerbe anerkannt und eingetragen und hat – als vorislamisches Fest – eben und trotzdem gerade in islamischen Ländern große Bedeutung, im Iran ist es ein Höhepunkt des Jahres. Die auf Zarathustra zurückgehende Religion, der Zoroastrismus, hat sich einst von Persien über Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan bis nach Indien verbreitet. In Indien leben heute noch die dereinst aus Persien gekommenen „Parsen“, die ebenfalls Nouruz feiern.

Bei den Feierlichkeiten gibt es regionale Unterschiede. Allgemein kann man sagen: Die Traditionen des Festes erinnern in Alltagskultur, Brauchtum und mitunter auch Glaube an das jüdische Pessach- und das christliche Osterfest und haben da und dort Ähnlichkeiten mit Weihnachten und Chanukka, und sogar Halloween kann vertreten sein.

Im Kaukasusstaat Aserbaidschan wird Nouruz als höchster Feiertag begangen, freilich dieser Tage anders als sonst, sind doch Menschenansammlungen derzeit tabu.

Sabine Nikolay hat sich noch vor der Verbreitung des Coronavirus in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, und bei in Österreich lebenden Aseris erkundigt, welche Traditionen sie rund um das Nouruz-Fest pflegen. Ein Beitrag zum Ö1-Schwerpunkt „Nebenan. Erkundungen in Europas Nachbarschaft: Aserbaidschan“.

Die Sinne öffnen für das Schöne - Ermutigungen von Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche

Was bis vor kurzem selbstverständlich war, ist heute nicht mehr möglich: Freund/innen zu treffen, ins Kino zu gehen oder auch einen Gottesdienst zu besuchen. Wie rasch sich die Dinge ändern können, eine ganze Gesellschaft, ja die ganze Welt ist betroffen. Ausnahmezustand, Versammlungsverbote, Schließung von Cafés und Restaurants, alles dient dazu, die Ausbreitung eines gefährlichen Virus einzudämmen und ist vernünftig, macht aber gleichzeitig Angst. Freilich: Trotz Unsicherheit und Ungewissheit funktioniert vieles nach wie vor. Es klappt die Versorgung für den täglichen Bedarf. Und trotz aller Ängste erwacht der Frühling. Menschen können die Wunder der Schöpfung bestaunen in den blühenden Bäumen, den wärmenden Sonnenstrahlen und den zwitschernden Vögeln. Und sie helfen einander auf vielfache Weise, sprechen einander gegenseitig Mut zu durch Worte und die Musik. All das ist ein Grund für große Dankbarkeit. Das Leben geht weiter und vieles ist trotzdem schön. Der Theologe, evangelisch-reformierte Pfarrer und Landessuperintendent seiner Kirche, Thomas Hennefeld, mit ermutigenden Gedanken für diese Tage. - Gestaltung: Brigitte Krautgartner

Wundern eine Chance geben - Bibelessay zu Johannes 9,1-41

Mit Blindheit geschlagen war nicht jener Mann, der in der biblischen Erzählung von der „Heilung eines Blinden“ sein Augenlicht (wieder)erlangt – vielmehr sind es jene, die ein Wunder nicht wahrhaben wollen. Das meint der katholische Theologe und Akademiker- und Künstler-Seelsorger der Diözese Linz, Markus Schlagnitweit in seinem Essay zu jener Bibelstelle, die am sogenannten Vierten Fastensonntag für katholische Messen vorgesehen ist. Der Text findet sich im Johannesevangelium, verfasst gegen Ende des ersten Jahrhunderts. Die Unvoreingenommenheit, Redlichkeit und Offenheit des Blinden ist der Schlüssel zu seiner Heilung, interpretiert der Rektor der Linzer Ursulinenkirche und ermuntert dazu, göttlichem Wirken trotz aller Skepsis – und wohl auch trotz aller Sorge wie in diesen Tagen – Raum zu lassen.

Bibelessay zu Johannes 9,1-41

Moderation: Martin Gross

Lebenskunst 22.3.2020 zum Nachhören (bis 21.3.2021):

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