„Was unterscheidet diese Nacht...“

Das Pessachfest, das am Donnerstagabend zu Ende gegangen ist, fordert uns jedes Jahr aufs Neue heraus – wir müssen uns der Frage des Jüngsten stellen, die da lautet:

Gedanken für den Tag 18.4.2020 zum Nachhören (bis 17.4.2021):

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„Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten“ – das ist eine der essentiellen Fragen, die traditionell am Sederabend vom jüngsten Kind an die Eltern gestellt wird.

Dieses Jahr hat diese Frage eine ganz besondere Bedeutung. Wir erleben gerade eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Durch die Corona-Krise wird unsere Freiheit ganz massiv eingeschränkt. Wir können uns nicht mehr unbegrenzt frei bewegen, müssen all unsere sozialen Kontakte einschränken, unser Alltag ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Claudia Prutscher
ist Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Wien

Aus der Geschichte lernen

Im Angesicht dieser Krise sind die Menschen kreativ und solidarisch geworden. Musikerinnen und Musiker streamen ihre Konzerte in den sozialen Netzwerken. Supermarktkassierinnen und -kassiere bekommen Lob für ihre Tätigkeiten. Die Arbeit von Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern, so wie Ärztinnen und Ärzten ist wichtiger denn je. Chefs stellen fest, dass Home-Office funktioniert und nicht alles zusammenbricht, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Hause vor ihren Rechnern sitzen. Die Digitalisierung zeigt in Zeiten von Corona, was alles in ihr steckt.

Ich frage mich, was die Corona-Krise, in der wir uns befinden, verändern wird? Wodurch wird sich diese Zeit von der zukünftigen Zeit unterscheiden? Werden wir daraus gelernt haben? Und wird es unsere Befreiung sein? Vielleicht eine Befreiung aus der Jagd nach „mehr“? Mehr Wirtschaftswachstum, mehr Leistung, mehr Druck? Oder bringt es uns eine Knechtschaft? Werden wir an Freiheit gewinnen oder werden wir Freiheit verlieren? Wer kann eine Antwort darauf wirklich geben? Wenn Kinder uns fragen, warum wir immer wieder verfolgt wurden und werden? Wir können nur die Geschichte erzählen und aus ihr lernen, dass man die Hoffnung auf Freiheit nicht aufgeben darf.

Musik:

Mario Muccitto/Akkordeon und Laura Aprile/Violine: Traditionelle Weisen für Pesach, Schwuos und Sukkot < Jüdische Feste > für Violine und Akkordeon < 5.6.1942 Theresienstadt >, Zusammenstellung von Hugo Löwenthal
Label: Membran Music 231787