Leben nach dem Krieg - Franz König

75 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges. Franz König hat Bürgerkrieg, Gewaltherrschaft und zwei Weltkriege erlebt und gilt als „Jahrhundert-Kardinal“.

Gedanken für den Tag 7.5.2020 zum Nachhören (bis 6.5.2021):

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Während des Zweiten Weltkrieges ist König als Jugendseelsorger in St. Pölten mehrmals in das Visier der Gestapo geraten. Die Staatspolizei hat sich seine Post vorlegen lassen, er ist mehrmals vorgeladen und verwarnt worden. Außerdem hat er einmal eine Strafe von tausend Reichsmark erhalten. Gemeinsam mit den Jugendlichen hat er sich während der Nazi-Herrschaft mit Hitlers „Mein Kampf“ und mit Alfred Rosenbergs „Mythos des 20. Jahrhunderts“, der neuen Bibel der nationalsozialistischen Weltanschauung, kritisch auseinandergesetzt.

„Doch haben wir aus der Geschichte gelernt?“

Außerdem hat er in der Domjugend-Runde thematisiert, was sein wird, wenn die NS-Schreckensherrschaft und der Krieg zu Ende sein werden. König ist während des Krieges für mehrere Lazarette in St. Pölten tätig gewesen und hat gemeinsam mit anderen Priestern über 600 Menschen geholfen, die sich in den Keller des Domgebäudes geflüchtet hatten.

Monika Sommer
ist Historikerin und Direktorin des Hauses der Geschichte Österreich

König, der 1905 als erstes von zehn Kindern einer Bauernfamilie im südlichen Niederösterreich geboren worden ist, hat nach dem Krieg maßgeblich zum Abbau der politischen Spannungen in der österreichischen Gesellschaft beigetragen. Ab 1962 hat er die kirchlichen Reformprozesse im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils gefördert. Im Jahr 1963, als Papst Johannes XXIII. gestorben war, ist er als möglicher Kandidat für dieses Amt gehandelt worden.

29 Jahre lang hat er als Erzbischof von Wien die Geschicke der Kirche gelenkt. König hat den Dialog nicht nur mit anderen christlichen Kirchen gesucht, sondern auch mit dem Judentum und weiteren Weltreligionen, ebenso mit Naturwissenschaften und zeitgenössischer Kunst. Durchaus heute noch aktuell hat Kardinal König einmal formuliert: „Wie oft ist davon die Rede, dass wir aus der Geschichte lernen müssen? Doch haben wir aus der Geschichte gelernt, wenn wir nicht erschrecken vor menschentrennenden Parolen, welche die Angst voreinander schüren?“

Musik:

Alexander Kovalev/Violoncello und Sinfonieorchester der Robert Schumann Hochschule unter der Leitung von Rüdiger Bohn: „Kol Nidrei op. 47“ - Adagio nach hebräischen Melodien für Violoncello und Orchester von Max Bruch
Label: JPF/Warner Music 5245015020