Nähe mit Abstand

Einander nicht zu nahe zu kommen - diese Anweisung prägt unser Land in Zeiten von Corona.

Morgengedanken 18.6.2020 zum Nachhören (bis 17.6.2021):

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Das Abstand halten ist nicht so leicht, wenn man gute Freunde nach langer Zeit wieder trifft. Auf Umarmungen und Küsse werden wir noch einige Zeit verzichten müssen. Aber ich bin draufgekommen, dass wir beim Grüßen trotzdem sehr viel mit unserem Körper tun: „Da berührten sich unsere Blicke“ – so sagt man manchmal.

Gisela Ebmer
ist evangelisch-reformierte Theologin und Religionspädagogin

Intensiver Augenblick

Unsere Augen sind Teil unseres Körpers. Jemandem wirklich in die Augen schauen ist eigentlich etwas sehr Intimes. Es kann ein Blick in die Seele sein. Und die Schallwellen der Stimme des anderen berühren mein Trommelfell. Auch miteinander sprechen ist im wahrsten Sinn des Wortes eine Berührung. Ganz viele Teile meines Körpers sind beteiligt, bis ein Laut aus meiner Kehle kommt. Mein Gegenüber spürt unbewusst alle Gefühle, die mitschwingen, wenn ich spreche. Ob ich angespannt bin oder fröhlich, traurig oder voller Zärtlichkeit.

Wenn meine Worte sagen: „Griaß di“ so hieß dieser Gruß ursprünglich „Es grüße dich Gott“. Und damit wünsche ich, dass es dir gut geht. Gott schaut auf dich. Dieser kurze Moment des einander Begrüßens kann auch ohne Umarmung ein sehr intensiver, berührender Augenblick sein.