Weltgeist in Person

Zum 250. Geburtstag des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie lese ich sonst gerne pur. Jetzt greife ich in meiner Not, Hegel verstehen zu wollen, zur Sekundärliteratur.

Gedanken für den Tag 26.8.2020 zum Nachhören (bis 25.8.2021):

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Ich kann da jedem Wilhelm Weischedels „Die philosophische Hintertreppe“ empfehlen. Von Thales bis Wittgenstein verständniserleichternde Porträts der Philosophie-Geschichte.

Ein großes Experiment

Darunter auch Hegel – und nebenbei bemerkt: nur Männer wieder mal, keine Frau...! Fasziniert lausche ich also, wie er Hegel dort als „Weltgeist in Person“ beschreibt und in klaren, einigermaßen nachvollziehbaren Worten sein System, seine Dialektik erklärt. Und dass in diesem System der Thesis, Antithesis und Synthesis auch ein Welt- und Gottesverständnis zu finden sei.

Alexander Tschernek Hegel Selbstgehegeltes

Romesh Phoenix

Der Schauspieler und Autor Alexander Tschernek

Grundsätzlich misstraue ich Systemen und Mustern, die über alles gelegt werden sollen und dann mehr oder weniger schematisch alles erklären und begründen können sollen. Laut Hegel ist also Gegenstand der Philosophie „nichts anderes als Gott und seine Explikation“, und wenn das Absolute der Geist ist, dann müsse schließlich Gott der absolute Geist sein, der gemäß des dialektischen Systems in einer „versöhnten Rückkehr aus einem anderen zu sich selbst findet“. Gott also, der sich in der Schaffung der Welt und des Menschen entfremdet, sich in uns hinein-projiziert, um sich schließlich selbst zu verstehen und mit sich selbst zu versöhnen...?! So weit ich verstanden habe.

Und wenn wir Menschen die ganze Wirklichkeit als Darstellung des göttlichen Geistes begriffen haben, dann habe die Gottheit aus dem Abenteuer ihres Weltwerdens und ihrer Zerissenheit wieder zu sich selber zurückgefunden...!

Das habe ich mir schon oft gedacht, dass Gott mit der Schöpfung des Menschen ein großes Experiment gewagt hat – ergebnisoffen, wie man heute so sagt. Und wenn Gott tatsächlich eine Zerrissenheit erleben kann, dann muss er sympathischerweise eigentlich auch zweifeln können, auch und obwohl er in den sieben Schöpfungstagen immer gesehen hat, „dass alles gut war!“ Damit wäre ich hopplahopp beim Baum der Erkenntnis und der Unterscheidung von Gut und Böse und der Vertreibung aus dem Paradies gelandet... Ob ich mich damit aber in die „richtige Richtung“ gehegelt habe, wage ich zu bezweifeln...

Buchhinweis:

Wilhelm Weischedel , „Die philosophische Hintertreppe“, dtv 1977

Links:

Musik:

Carla Bley/Piano und Steve Swallow/Bass: „Reactionary tango - part 1“ von Carla Bley
Label: ECM 8373452