Mittwoch, 23.9.2020, Marian Kollmann

Mahlzeiten im Kloster

Ein Klosteralltag ist genau strukturiert. Heute geht es um Mittagsgebet und Mahlzeiten im Kloster.

Wenn wir als Kinder alle bei der Großmutter gegessen haben, dann ist das ziemlich geräuschvoll zugegangen: In der Mitte vom Tisch ist die große Suppenschüssel gestanden, aus der es ordentlich gedampft hat und dann hat sich jeder seine Schöpfer Suppe herausgenommen – natürlich mit viel Gerede, Patzerei und Gelächter!

P. Marian Kollmann OSB
ist Administrator des Benediktinerstiftes St. Paul im Lavanttal in Kärnten

Gut und Böse

Bei den Mahlzeiten im Kloster schaut das Ganze schon anders aus: Schweigend ziehen wir Mönche nach dem Mittagsgebet von der Kapelle in den Speisesaal und bevor das Essen beginnt wird selbstverständlich noch einmal kurz gebetet. Nach einer Lesung aus der Hl. Schrift beginnt dann die eigentliche Mahlzeit. Anfangs war das für mich schwierig – ich esse gern und dann nach dem Beten noch lange warten müssen, bis einen der Suppentopf erreicht, war eine wahre Geduldsprobe! Noch dazu sind junge Menschen – auch junge Mönche! – ja fast immer hungrig.

Aber im Laufe der Jahre habe ich diesen ritualisierten Ablauf bei unseren Mahlzeiten zu schätzen gelernt. Durch das Gebet und die Lesung bekommt das gemeinsame Essen einen religiösen Charakter – es wird zu etwas Heiligem. Und da überlegt man sich natürlich auch, wie man dann bei Tisch miteinander umgeht. Ruppig und gierig sein hat in so einer Atmosphäre eigentlich keinen Platz mehr! Vielleicht meint der Hl. Benedikt das, wenn er in seiner Regel schreibt: Überall ist Gott gegenwärtig, so glauben wir, und die Augen des Herrn schauen an jedem Ort auf Gute und Böse.