Praxis – Religion und Gesellschaft 18.11.2020

Religionen im Lockdown

Obdachlos | Religionsgemeinschaften | Islamgesetz

Obdachlos in Zeiten von Corona

Ein Schlafsack unter der Brücke, ärztliche Versorgung im „Louise-Bus“, ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept in der „Gruft“: Das Coronavirus und nun der Lockdown erschweren das Leben vieler Menschen, doch ganz besonders jenes von obdachlosen Menschen. „Bleiben Sie zu Hause“ klinge in ihren Ohren „fast zynisch“, formuliert ein Helfer, denn „zu Hause“ gibt es nicht. Mehr als 22.000 Menschen sind in ganz Österreich von Obdachlosigkeit betroffen, die meisten davon – fast 13.000 – leben in Wien. Die kalte Jahreszeit ist ohnehin alljährlich eine besondere Herausforderung, in diesem Winter aber ganz besonders.

Caritas Kältetelefon:
+43/1/4804553

Vor wenigen Wochen ist die sogenannte Aktion „Winterpaket“ der Stadt Wien gestartet worden. Schon mit Beginn der Corona-Krise hat der „Fonds Soziales Wien“ die Mittel aufgestockt, die Kapazitäten erweitert. Die Caritas ist eine der großen Trägerorganisationen in der Obdachlosenbetreuung.

Maria Harmer war mit Streetworkern unterwegs, hat Menschen ohne Zuhause aufgesucht und in Obdachloseneinrichtungen nachgefragt, wie man derzeit am besten unterstützen kann.

Europa im Lockdown: Sonderrechte für Religionsgemeinschaften?

„Lasst uns beten“ und „Wir sagen ja zur Messe“, konnte man auf Transparenten lesen. In mehreren französischen Städten haben Katholikinnen und Katholiken am vergangenen Sonntag für die Wiederzulassung von Gottesdiensten während des teilweisen Lockdowns demonstriert. Messen und andere religiöse Veranstaltungen sind dort derzeit verboten. In Österreich haben die Religionsgemeinschaften beschlossen, während des Lockdowns freiwillig öffentliche Gottesdienste auszusetzen. Die meisten Gotteshäuser bleiben nur zum persönlichen Gebet offen.

Praxis
Mittwoch, 18.11.2020, 16.05 Uhr, Ö1

Dass die gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften hier überhaupt eine Wahl haben, liegt an der österreichischen Verfassung: Religionsfreiheit und damit auch die Feier von öffentlichen und privaten Gottesdiensten ist in Österreich ein von der Verfassung geschütztes Recht. Doch schon davor, im Staatsgrundgesetz 1867, ist die Religionsfreiheit festgeschrieben worden. Hintergrund war die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Religion. Ähnlich schreibt das die niederländische Verfassung fest und dort haben sich viele Religionsgemeinschaften dazu entschlossen, weiterhin öffentliche Gottesdienste zu feiern. Doch, wie in Österreich, ist auch in den Niederlanden eine Diskussion darüber entbrannt: Wie zeitgemäß ist diese gesetzliche Sonderstellung von Religionsgemeinschaften heute noch? Schließlich sei jedem etwas anderes heilig. Jara Majerus berichtet aus den Niederlanden.

Islamgesetz: Was kann, darf und soll die IGGÖ?

Eine Moschee unter dem Dach der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Wien-Meidling, ein Moscheeverein, der nicht zur IGGÖ gehört, in Wien-Ottakring – beide soll der Attentäter von Wien besucht haben, beide stehen im Verdacht, Islamisten zu fördern, zu rekrutieren, beide waren am Radar des Verfassungsschutzes. Beide wurden geschlossen, beide können Rechtsmittel dagegen einlegen. Das Islamgesetz von 2015 sei gescheitert, hat FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl nach dem Anschlag mit vier Toten formuliert. Doch ist es nach dem Islamgesetz die Aufgabe der IGGÖ, also der Vertretung der Musliminnen und Muslime in Österreich, Terroranschläge zu verhindern? Das Islamgesetz ist ein Kultusgesetz und kein Sicherheitspolizeigesetz, sind sich Expertinnen und Experten einig. Susanne Krischke versucht, etwas mehr Klarheit in eine komplizierte Materie zu bringen.

Moderation: Alexandra Mantler