Zwischenruf 13.12.2020, Claudia Prutscher

Chanukka in der Pandemie

Da das Jahr 2020 ein durchaus schwieriges Jahr war und noch ist, feiern wir auch Chanukka unter besonderen Umständen.

Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir nach dem diesjährigen, weitgehend in Isolation verbrachten Pessachfestes,- ich durfte im April ebenfalls in dieser Sendung darüber sprechen-, wieder zu halbwegs normalen Umständen zurückkehren können. Aber dem ist leider nicht so. Also wird auch das diesjährige Chanukkafest, das Fest der Lichter, in kleinstem Kreise gefeiert. Es entspricht so gar nicht den Lebensgewohnheiten von Jüdinnen und Juden, zurückgezogen, fern von unseren Familien und Freunden, jüdische Jahresfeste zu feiern. Aber den Zeiten dieser Pandemie geschuldet werden wir, jede Familie für sich, die Kerzen zünden und Chanukkalieder singen.

Claudia Prutscher
ist Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Wien

Öl steht im Mittelpunkt des Festes

Das Fest erinnert an die Wiedereinweihung des 2. Jüdischen Tempels in Jerusalem. Die jüdischen Weisen im Talmud beschreiben das Wunder von Chanukka folgendermaßen: Als die Griechen das Heilige Land besetzt hielten, drangen sie in das innere Heiligtum des Tempels ein und entweihten all das dort vorhandene Öl, das notwendig war, der Menora, dem siebenarmigen Tempelleuchter, das Licht zu erhalten. Nach dem Sieg der jüdischen Makkabäer fanden diese nur ein einziges Kännchen Öl vor, das anscheinend nicht angerührt worden war. Es enthielt eine Quantität Öl, die nur für einen Tag ausreichen sollte. Damit wurde die Menora wieder angezündet – und ein Wunder geschah, indem das Öl acht Tage lang anhielt und so das Licht erhielt, bis neues, reines Öl hergestellt werden konnte.

In Gedenken an dieses Wunder steht Öl im Mittelpunkt dieses Festes. Zum Beispiel werden zu Chanukka hauptsächlich in Öl herausgebackene Speisen gegessen. Es gibt Latkes, das sind Kartoffelpuffer und Krapfen, gefüllt mit Marmelade. Die Kinder lieben dieses Chanukkaessen immer besonders.

Die Kraft über der Natur

Es ist Tradition, dass jedes Familienmitglied seine eigene Chanukkia, das ist der spezielle Kerzenleuchter, benutzt. Die Chanukka-Lichter – jeden Tag wird eine Kerze mehr angezündet – sind mehr als einfach eine Erinnerung an das Wunder vergangener Tage. Sie bieten uns Erleuchtung in einer Zeit, wo Sorgen und Ängste unser Leben verdunkeln.

Zwischenruf
Sonntag, 13.12.2020, 6.55 Uhr, Ö1

Die Chanukkia hat acht Arme, die symbolisieren die 8 Tage, die benötigt wurden, um neues Öl für den Tempel zu erzeugen und zu weihen. Die Zahl acht steht für das übernatürliche, jene Kraft, die über der Natur steht. Und Wunder sind übernatürlich.

Ein großes Wunder

Wenn es dunkel wird, freuen sich alle Kinder, die Chanukkakerzen anzünden zu dürfen. Es wird, wie gesagt, jeden Tag eine Kerze mehr gezündet, so dass am Ende die achtarmige Chanukkia hell leuchtet. Nach dem Essen setzen sich die Familien zusammen und spielen ein traditionelles Chanukkaspiel mit einer Art Kreisel, genannt Dreidl. Es wird um Schokolademünzen, Nüsse oder andere Süßigkeiten gespielt. Je nachdem, welche der vier Seiten nach dem Drehen zum Liegen kommt, gewinnt man den Einsatz oder muss noch etwas hineingeben.

Auf den vier Seiten des Dreidls steht jeweils ein hebräischer Buchstabe. „Nun-Gimel-Hey und Shin“. Das sind die Anfangsbuchstaben der Worte eines Satzes und der lautet „Nes Gadol Haja Scham“ das heißt übersetzt: „Ein großes Wunder geschah dort“.

Ein Wunder könnten wir alle dieses Jahr gut brauchen – zum Beispiel, dass wir trotz der geforderten Absonderung gut durch diese dunkle Zeit kommen.